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Alles ist düster

»Frühstück mit Axt«, ein Sammelband

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 2 Min.

Den Sammelband zum mdr-Literaturwettbewerb 2011 konnten der Herausgeber Michael Hametner und sein Juroren-Team mit »Happy End« überschreiben. 2012 fand sich unter den 26 Kurzgeschichten des Bandes nicht eine einzige mit heiterer Grundstimmung oder wenigstens glücklichem Ausgang. Alles ist düster, voll von Wirren, Frustrationen, Unglück, Gewalt und »Auflösungserscheinungen. Da soll der Buchtitel an Kafka und sein Diktum vom Buch als Axt für das »gefrorene Meer in uns« erinnern.

Die Welt ist schlecht, wir hören es täglich, aber Probleme, die auf uns einstürzen, werden nicht zwangsläufig zu guten Kurzgeschichten. Hier seien einige der großen, schwer zu bewältigenden Themen genannt, mit denen sich die Texte auseinandersetzen: Ausländerfeindlichkeit, Ehrenmord und die Folgen thematisieren »Aufbruch« von Ulrich Richter und »Der letzte Schritt« von Henry Kersting. Jugendgewalt und Feigheit (»Die Sache ist ja, dass man genau weiß, dass man eingreifen müsste«) finden in »Kahle Meile« von Stefan Petermann Ausdruck. Von Unbehaustheit, Arbeitslosigkeit und gesellschaftlicher Ächtung handeln »Seine Hand zittert, der Tee auch« von Alina Herbing, »Ich zähle täglich meine Sorgen« von Isabella Straub und »Stille Post« von Sabine Raml.

An Härte ist die Geschichte »Jactatio« der Deutsch-Rumänin Ursula Kirchenmayer unübertroffen. Eine Frau ist mit einem Kind aus Deutschland nach Rumänien in das alte und neue Elend zurückgekommen, die ganze Familie ist schwer beschädigt ...

Drei Erzählungen heben sich durch andere inhaltliche Ausrichtung, bzw. einer anderen Sichtweise heraus. Gianna Modinari erzählt - mit satirischem Blick auf den »Artenschutz« - von einem skurrilen Tierpräparator, »Herrn Bleier«.

Kerstin Preiwuß erlebt in einer öden Stadt an der Oder das Ausgeliefertsein an Naturgewalt. In ihrer unspektakulären Geschichte »Nach der Liebe« versinkt nicht nur die Stadt immer weiter in den Wassermassen, sondern das Wasser wird auch zum Spiegel menschlicher Existenz.

Die beste Geschichte ist für mich »Pedros Plan« von Ulrich Effenhauser, der auch schon im Vorjahr Finalist gewesen ist. Hierin ist der Gedanke des Ausgeliefertseins wesentlich weiter gefasst: Ein ganzes bolivianisches Dorf wird von einer Bergwerks-Compania vernichtet. Um des Profites willen sprengt sie den Berg hinter dem Ort weg und zerstört Landschaft und Menschen. Da kann auch der alte indianische Vogelgott nichts mehr ausrichten. Bei dieser Erzählung hat man aber nicht den Eindruck, es gehe um ein Geschehen weit in der Ferne.

Michael Hametner (Hg.): Frühstück mit Axt. Die besten Geschichten aus dem MDR-Literaturwettbewerb 2012. Neues Leben. 176 S., br., 10,30 €.

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