»Peerblog« geht vom Netz

Nach Angriffen von Hackern stellen die Betreiber ihre Internetseite ein

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine weitere Peinlichkeit im Wahlkampf des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ist Geschichte. Die wegen ihrer Intransparenz heftig kritisierte Kampagnen-Website »peerblog« bleibt nach Attacken von Internetaktivisten offline.

Peer Steinbrück hat sich die vergangenen Tage sicherlich anders vorgestellt. Eigentlich wollte der SPD-Kanzlerkandidat bei seiner viertägigen Europareise öffentlichkeitswirksam Alternativen zur Krisenpolitik von Angela Merkel aufzeigen. Doch von seiner Reise hatten die Medien kaum Notiz genommen. Vielmehr stand die Kampagnen-Website »peerblog« im Fokus der Öffentlichkeit.

Steinbrück dürfte erleichtert sein, dass diese neue Peinlichkeit in seinem Wahlkampf am Donnerstagabend nach wenigen Tagen endgültig offline gegangen ist. Der offizielle Grund hierfür waren Hackerangriffe. Zu diesen bekannte sich via Kurznachrichtendienst Twitter eine Gruppe namens »TEAM M3DU5A«. Ursache soll eine DDoS-Attacke gewesen sein. Das ist ein Überlastungsangriff, bei dem es so viele Zugriffe auf eine Internetseite gibt, dass diese zusammenbricht und nicht mehr zu erreichen ist. Nach Angaben der Düsseldorfer Agentur des Journalisten Karl-Heinz Steinkühler, die »peerblog«, betreibt, wollten die Hacker die Internetseite auf Dauer angreifen. Deswegen müsse sie vom Netz genommen werden. »Die Angriffe waren mit Erpressungsversuchen verbunden, unsere Geschäftsbeziehungen offenzulegen. Darauf werden wir aus grundsätzlichen Erwägungen nicht eingehen«, teilte die Agentur mit. Steinkühler will die Einleitung von juristischen Schritten gegen die unbekannten Hacker prüfen lassen.

Auch Politiker von Grünen, LINKE und CDU sowie Antikorruptionsinitiativen hatten gefordert, Steinbrück müsse die Geldgeber des Projekts nennen. Auf »peerblog« wollte der frühere »Focus«-Redakteur Steinkühler nach dem Vorbild von US-Wahlkämpfen für den Kandidaten bloggen. Fünf Unternehmer, die nicht genannt werden wollten, haben hierfür laut Medienberichten eine sechsstellige Summe zur Verfügung gestellt. Steinbrück selber behauptet, er kenne die Investoren nicht. Allerdings hat Steinbrück das Einverständnis zur Nutzung seines Namens gegeben und war auch an der Konzeption des Blogs direkt beteiligt, indem er »analysiert und zugehört« hat.

Durch die Ankündigung der Bundestagsverwaltung, den Blog zu überprüfen, geriet Steinbrück zusätzlich unter Druck. Die Parlamentsgeschäftsführerin der LINKEN, Dagmar Enkelmann, wies die Verwaltung darauf hin, »ihre Prüfung nicht nur auf die Frage der verdeckten Parteienfinanzierung zu konzentrieren, sondern vielmehr in den Blick zu nehmen, inwieweit eine Verheimlichung der Geldgeber mit den Verhaltensregeln für Abgeordnete zu vereinbaren ist«. Die Unterstützung durch »peerblog« sei eine geldwerte Zuwendung und wie eine Spende an den Abgeordneten zu behandeln. Nach den Verhaltensregeln für Abgeordnete sind diese dem Bundestagspräsidenten anzuzeigen, wenn sie 5000 Euro übersteigen. Dieser macht sie öffentlich, wenn es um mehr als 10 000 Euro geht.

Auch Steinbrücks Kontakte zu dubiosen Beratern dürften für Debatten sorgen. Steinkühlers Firma war Ende 2010 Auftraggeber für einen Auftritt Steinbrücks, für den dieser 15 000 Euro erhielt. Einige Monate zuvor war Steinkühler laut »Stern« als einer der anonymen Blogger von »Wir in NRW« tätig, der durch Enthüllungen vor der Landtagswahl 2010 über die Regierung Jürgen Rüttgers (CDU) der SPD Wahlkampfhilfe leistete. Als Belohnung soll Steinkühlers Agentur lukrative Aufträge der neuen rot-grünen Regierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erhalten haben.

»Manchmal kann man sich gegen Freunde nicht wehren«, kommentierte gestern Parteichef Sigmar Gabriel die Debatten um »peerblog«. Die SPD will nun einen eigenen Internet-Blog für ihren Kandidaten einrichten.

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