Wo wollen Sie streiken?

Willi Russ, Verhandlungsführer des Beamtenbunds, im Gespräch über den Stand der Tarifrunde

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder ist am Donnerstag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Von Arbeitgeberseite gab es bisher kein Angebot. Wie bewerten Sie den Stand der Verhandlungen?
Leider ist nicht viel mehr als heiße Luft herausgekommen, obwohl das Verhandlungsklima gut war. Die Arbeitgeber spielen auf Zeit und wollen, dass wir von unseren Forderungen Abstand nehmen. Das werden wir nicht tun, im Gegenteil: Wir werden ab Montag mit Warnstreiks beginnen, die wir stetig auf den gesamten Bereich des öffentlichen Dienstes ausweiten und intensivieren werden. Schwerpunkt der Proteste wird die erste Märzwoche sein.

Was ist konkret geplant?
Die Warnstreiks sollen deutlich Wirkung zeigen, denn es ist immer schlecht für Gewerkschaften, wenn sie streiken und keiner merkt es. Bisher sind Streikaktionen in Berlin, Sachsen, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg geplant. Konkret unter anderem Warnstreiks im Bereich der Straßendienste. Hier kommt es natürlich auf die Witterungsverhältnisse an, aber es könnte dazu kommen, dass Bundesstraßen und Autobahnen nur von Notdiensten geräumt werden und so der Verkehr gerade an wichtigen Verkehrsknotenpunkten massiv beeinträchtig wird.

Was sind weitere Schwerpunkte?
Ein weiterer Schwerpunkt werden die Universitätskliniken vor allem in Nordrhein-Westfalen sein. Hier sind natürlich Notdienste vorgesehen, denn wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den Patienten sehr bewusst. Trotzdem wird es zu Einschränkungen kommen.

Auch die Lehrer wollen ab Montag zu Warnstreiks greifen.
Bei den Lehrern ist es unser Ziel, endlich einen Tarifvertrag für die Kolleginnen und Kollegen zu erreichen, die im Angestelltenverhältnis beschäftigt sind. Hier ist der Unmut tatsächlich sehr groß. Bisher sind Warnstreiks ab Montag in Berlin geplant und später in Nordrhein-Westfalen. Auch die Lehrer in Sachsen werden auf die Straße gehen, hier sind ja fast alle im Angestelltenverhältnis, der Druck ist besonders hoch. Das ist auch an den bereits stattgefundenen Aktionen spürbar. Vor zwei Monaten sind rund 50 Prozent aller Lehrer und Lehrerinnen, nicht nur der organisierten, vor den Landtag in Dresden gezogen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Ich erwarte, dass viel Unterricht ausfallen wird.

Was sind Ihre Forderungen?
Wir fordern für die Beschäftigten der Länder 6,5 Prozent mehr Lohn. Außerdem wollen wir erreichen, dass es für die rund 200 000 angestellten Lehrer endlich einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag gibt. Für die Auszubildenden sollen die Ausbildungsvergütung um 100 Euro erhöht und ihre unbefristete Übernahme garantiert werden. Die Arbeitgeber haben zudem signalisiert, dass sie die Urlaubstage kürzen wollen; das ist mit uns nicht zu machen.

Was erwarten Sie jetzt von den Arbeitgebern für die dritte und letzte Verhandlungsrunde Anfang März in Potsdam?
Es muss ein Angebot her, das ist ganz klar. Die Beschäftigten organisieren die Warnstreiks ja nicht aus Lust und Laune, sondern weil sie den Ernst der Lage aufzeigen wollen. ⋌Fragen: Haidy Damm

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