Polizei sieht Fluchtgefahr bei Pistorius

Illegale Waffe und Testosterone im Haus des Sportlers gefunden

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Polizei ist gegen eine Freilassung von Oscar Pistorius auf Kaution. Sie schließt eine Flucht ins Ausland nicht aus. Im Haus wurden eine illegale Waffe und Testosterone gefunden.

Die Aussichten für eine Freilassung des mordverdächtigen Paralympics-Stars Oscar Pistorius auf Kaution haben sich verschlechtert. Der leitende Polizeiermittler Hilton Botha warnte am Mittwoch vor Gericht in Pretoria vor einer Freilassung, weil Fluchtgefahr bestehe. »Es geht um ein ernstes Verbrechen. Wenn er verurteilt wird, muss er mit 15 Jahren Haft bis zu Lebenslänglich rechnen.« Pistorius, der von der Staatsanwaltschaft des Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp (29) beschuldigt wird, besitze ausländische Konten und habe eine Immobilie in Italien, sagte Botha. Er fürchte, der Sportler werde versuchen zu fliehen. Die im Gerichtssaal anwesenden Familienmitglieder von Pistorius reagierten mit ungläubigem Lachen auf diese Äußerung.

Im Haus von Pistorius sei neben der Tatwaffe, einer angemeldeten 9-Millimeter-Pistole, auch eine andere, nicht polizeilich gemeldete Waffe gefunden worden. Deshalb werde der 26-Jährige auch wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Zudem seien zwei Kartons mit Testosteron und Spritzen entdeckt worden. Pistorius' Anwalt Barry Roux betonte, es handele sich um ein pflanzliches Arzneimittel. Dieses würden viele Athleten benutzen, es sei nicht verboten.

Botha berichtete, er sei am Donnerstagmorgen um 4.15 Uhr Ortszeit am Tatort eingetroffen, wo er Reeva Steenkamp tot im Erdgeschoss gefunden habe. Sie sei mit Shorts und schwarzem Hemd bekleidet gewesen. Ein Rechtsanwalt und der Bruder des Beschuldigten haben sich demnach beim Eintreffen der Polizei am Tatort befunden.

Die Staatsanwaltschaft versuchte am zweiten Tag der Anhörung vor dem Magistratsgericht weiter, die Darstellungen des Sportstars zu entkräften. Der 26-Jährige behauptet, seine Freundin versehentlich erschossen zu haben. Er habe gemeint, ein Einbrecher befinde sich hinter der verschlossenen Badezimmertür. Dem widerspricht die Staatsanwaltschaft entschieden: Pistorius habe geplant und gezielt seine Freundin getötet. Vor den tödlichen Schüssen gab es nach Angaben des Staatsanwalts einen Streit zwischen dem Paar. Für diese heftige Auseinandersetzung werde er einen Zeugen präsentieren, sagte der Staatsanwalt am Mittwoch.

Auch Polizeioffizier Botha berichtete von Zeugen, die vor den Schüssen Licht im Haus von Pistorius gesehen und zudem Schreie und einen lautstarken Streit gehört haben wollen. Das widerspreche deutlich den Schilderungen von Pistorius. Allerdings musste Botha auf Fragen des Anwalts zugeben, dass einer der Zeugen 600 Meter entfernt von Pistorius Haus wohne.

Die Anwälte des Beschuldigten streben vor dem Gericht die Freilassung ihres Mandanten auf Kaution an. Allerdings hatte das Gericht am Dienstag, dem ersten Tag der Anhörung, bereits die Klage der Staatsanwaltschaft auf »vorsätzlichen Mord« zugelassen. Bei dem Schweregrad eines solchen Falles wird in Südafrika selten jemand auf Kaution freigelassen. Eine Entscheidung wird am heutigen Donnerstag erwartet. dpa

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