Eingriff in die Medienfreiheit

Gerichtsurteil: Landespressegesetze gelten nicht für Bundesbehörden

  • Houssam Hamade
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass die Pressegesetze der Länder nicht auf eine Bundesbehörde anwendbar sind. Allerdings könnten die Medien sich auf das Grundrecht der Pressefreiheit stützen.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss einem Journalisten der »Bild«-Zeitung keine Auskunft über die Nazivergangenheit ehemaliger Mitarbeiter geben. Der Journalist scheiterte am Mittwoch mit seiner Klage gegen das Bundesinnenministerium. Er wollte wissen, wie viele Mitarbeiter des BND, die zwischen 1950 und 1980 bei der Behörde arbeiteten, eine nationalsozialistische Vergangenheit hatten. Die Frage blieb unbeantwortet. Daraufhin erhob der »Bild«-Mitarbeiter vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Untätigkeitsklage.

Basis dieser Klage sind die Landespressegesetze, die das Informationsrecht für Journalisten regeln. Nach diesen Gesetzen sind Behörden verpflichtet, Auskünfte an die Presse zu erteilen. Üblicherweise erkannten die Gerichte bisher die Auskunftsansprüche von Journalisten auch gegenüber Bundesbehörden an: Die gewünschten Informationen mussten freigegeben werden.

Im Bundesinnenministerium herrscht dagegen die Auffassung, dass Landesgesetze nicht für Bundesbehörden gelten. Die Mitarbeiter von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verweisen dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, das von Journalisten genutzt werden könne. Auch das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seinem Urteil auf das Informationsfreiheitsgesetz. Die Gewährleistung der Pressefreiheit müsse jedoch gewahrt werden, »Minimalstandards an Auskunftspflichten« müssten garantiert werden, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichtes.

Das Informationsfreiheitsgesetz ist aber deutlich schwächer als die Pressegesetze der Länder. Teilweise dauert es Monate, bis eine Information herausgegeben wird. Außerdem haben die Behörden so mehr Möglichkeiten, Informationen zu verweigern.

Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, sprach vor der Urteilsverkündung von einem unhaltbaren Zustand, der im Falle einer Abweisung der Klage entstehen würde. Das Informationsfreiheitsgesetz könne nur eine Krücke sein, denn Journalisten komme es auf Eile an, und das Informationsfreiheitsgesetz sehe keine Eile vor, so Schaar. Es sei verwunderlich, dass die Frage überhaupt an das Bundesverwaltungsgericht herangetragen wurde. Schaar meinte, es stecke Absicht dahinter, Auskunftsansprüche von Journalisten gegenüber Bundesbehörden massiv einzuschränken.

Das Urteil lade »alle Bundesbehörden geradezu ein, bei unbequemen Fragen künftig zu mauern«, sagte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Michael Konken. Die zur Gewerkschaft ver.di gehörende Deutsche Journalistinnen-und Journalistenunion nannte das Urteil einen »nicht hinnehmbaren Eingriff in die Pressefreiheit«.

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