nd-aktuell.de / 04.03.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Insekten auf dem Feld

Steffen Schmidt

Bei der Debatte um Insektengifte als Pflanzenschutzmittel wird mit schöner Regelmäßigkeit mit Totschlagargumenten aufeinander eingedroschen. Umweltschützer malen gern das Gespenst der Ausrottung der Bienen an die Wand, wogegen die Agrochemiekonzerne und die konventionellen Bauern absurd hohe Ertragsverluste androhen, wenn diese oder jene Substanz verboten würde. Dieses jüngst bei der Auseinandersetzung um die als Saatgutbeize verwendeten Neonikotinoiden wieder zelebrierte Ritual kritisierte die britische Ökologin Lynn Dicks kürzlich im Fachjournal »Nature«. Möglicherweise hätte sie ihre Kritik an der »wohlmeinenden Übertreibung« der Umweltgruppen etwas relativiert, wenn sie die beiden vergangene Woche im US-Fachblatt »Science« nachzulesenden Studien über die unterschätzte Bedeutung von Wildbienen und anderen Wildinsekten bei der Bestäubung von Kulturpflanzen schon gekannt hätte. 50 Wissenschaftler zweier internationaler Teams hatten weltweit auf 600 Anbauflächen mit Mais, Raps, Obstbäumen u.a. den Anteil der Honigbiene an der Bestäubung untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine größere Vielfalt der Bestäuberarten höhere Ernten und gleichmäßigere Erträge sichert. Zudem stellten die Forscher fest, dass die Wildbienen erfolgreicher arbeiteten. Die Erträge etwa bei Tomaten, Melonen oder Kaffee werden in erster Linie durch das Fehlen von Wildinsekten begrenzt.

Wildbienen und andere Insekten wie Schwebfliegen oder Käfer werden allerdings nicht einmal hauptsächlich durch Insektizide bedroht. Die moderne industrielle Landwirtschaft ist aber dennoch die Hauptbedrohung dieser wildlebenden Bestäuber. Denn mit den großflächig ausgeräumten Agrarlandschaften hat sie den Lebensraum dieser Insekten vielerorts liquidiert. Wildbienen nisten in Totholz in Hecken, Waldrändern oder auch im Boden. Diese naturnahen Räume zu erhalten, zu verbessern oder neu anzulegen, das geht für Coautor Ingolf Steffan-Dewenter von der Uni Würzburg nur gemeinsam mit den Landwirten. Das gilt letztlich auch für den umstrittenen Insektizideinsatz.