nd-aktuell.de / 04.03.2013 / Kultur / Seite 16

Die Kunst, der Tod, das Geschwätz

Maurenbrecher

Jakob Hein

Es war eine Verzückung; und eine Verzückung ist etwas, das sich nicht in Worte fassen lässt; es ist ein Gefühl wie Musik, und über Musik kann man auch nicht so sprechen, dass ein anderer sie miterleben könnte.»«

Mit diesen Worten von Mark Twain ist eigentlich schon alles gesagt, was über das neue Album von Manfred Maurenbrecher zu sagen wäre. Und doch möchte man darüber sprechen, möchte gern davon schwärmen, warum einem dieses schöne Stück Musik so gut gefallen hat. Maurenbrecher hat »No go« in ein paar Tagen mit den Musikern Andreas Albrecht (der auch die Produktion besorgte), Marco Ponce Kärgel und Tobias Fleischer in einem sonnigen Weddinger Hinterhoftheater eingespielt. Diese Atmosphäre transportiert sich auch unbedingt beim Hören. Davon, dass Maurenbrechers Texte politisch sind, darf man sich nicht abschrecken lassen. Denn hier hört man einem Beobachter zu, einem Weltenwunderer, und keinem Agitator. Die Lieder dienen nicht dazu, dem Zuhörer die Meinung des Liedermachers wie eine Pille zu verabreichen, überzogen mit einer dünnen Zuckerschicht schöner Musik. Nein, auf »No go« werden wir eingeladen, die Welt mit den Augen eines Mannes zu sehen, der schon eine ganze Menge gesehen hat und trotzdem nicht der Meinung ist, irgendetwas besser zu wissen. Es geht bei ihm um eine ganze Menge: den Tod, die Bahn, das Geschwätz der Leute und um die Kunst an sich. Und doch fühlen wir uns wohl beim Nachdenken über diese schweren Themen, denn die Musik fließt entspannt um die Texte herum. Maurenbrechers Lieder haben die entscheidende Qualität, dass sie sich zum Mitgrölen ebenso wenig eignen wie zum Marschieren. Die Musiker improvisieren, spielen mit dem musikalischen Grundgerüst und dem, was der Text vorgibt.

Manfred Maurenbrecher lebt zwischen den Welten von Musik und Literatur. Als sich seine Liedermacherkollegen aus den 70er Jahren in den Kammermusiksälen der Republik einzurichten begannen, machte er in den 90ern einen Neuanfang und begann, mit Lesebühnenautoren zusammenzuarbeiten. Seine Texte sind dadurch anspruchsvoller, literarischer und witziger als die vieler Kollegen, und jedes seiner Lieder belohnt den Zuhörer für mehrfaches Anhören. Zum Glück sind die Texte auf der liebevoll ausgestatteten CD alle zum Nachlesen zu finden, man würde sie sonst vermissen. Das ideale Album für eine lange, schöne Fahrt durch deutsche Landschaften 2013 - man muss dafür noch nicht einmal seine Wohnung verlassen.