nd-aktuell.de / 13.03.2013 / Politik / Seite 7

Hungerstreik im Lager Guantanamo

Klagen über Verletzung religiöser Gefühle

Olaf Standke

»Dieser Mann sollte in Guantanamo sein«, betonte US-Senator Lindsey Graham dieser Tage und meinte Sulaiman Abu Ghaith. Der Ende Februar von der CIA in Jordanien gefasste Schwiegersohn des getöteten Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden soll in New York vor ein ziviles Gericht gestellt werden.

Republikanische Politiker kritisierten die Entscheidung scharf. Für sie scheinen schon die Verwahrung auf dem US-Stützpunkt und ein Prozess vor den dortigen Militärtribunalen Strafe an sich. Über 1000 Häftlinge waren es in der Hochzeit des »Anti-Terrorkriegs«, 166 werden noch immer in Guantanamo festgehalten - obwohl USA-Präsident Barack Obama das 2002 von seinem Vorgänger Bush installierte und wegen seiner Rechtslage und Haftbedingungen weltweit kritisierte Lager schon in seiner ersten Amtszeit schließen wollte. Dem Versprechen im Wahlkampf und der Ankündigung unmittelbar nach Amtsantritt folgten allerdings keine Taten.

Derweil sollen sich die »meisten Gefangenen im Camp 6«, der größten Einheit der Haftanstalt, im Hungerstreik befinden, wie die New Yorker Anwältin Pardiss Kebriaei, die einen jemenitischen Insassen vertritt, am Montag (Ortszeit) berichtete. Grund für die Aktion sei, dass Koranbücher in unangemessener Weise durchsucht und die Gefangenen beim Gebet »respektlos« behandelt worden seien, wie jetzt zwölf Anwälte in einem offenen Brief kritisieren. Gefängnissprecher Captain Robert Durand versucht dagegen abzuwiegeln. Es habe in Guantanamo keine besonderen Vorkommnisse während einer Routinedurchsuchung nach Schmuggelware gegeben und schon gar keine Fälle von Koranschändung. Lediglich neun Gefangene verweigerten die Nahrungsaufnahme. Das sei ein »normales Niveau«, die Zahl habe in der Vergangenheit bereits deutlich höher gelegen. Fünf von ihnen würde man künstlich ernähren.

Darunter ist auch der Mandant von Pardiss Kebriaei, der sich seit 30 Tagen im Hungerstreik befindet. Wie ihre Kollegen beklagt die Anwältin, dass es einigen Häftlingen gesundheitlich sehr schlecht gehe. Sie hätten »Blut gehustet«, sollen das Bewusstsein verloren haben und mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden.

Die meisten der verbliebenen Insassen sitzen schon seit über zehn Jahren ohne rechtsstaatliches Urteil in Guantanamo. 60 von ihnen wurde inzwischen die Heimkehr erlaubt, doch können sie nach ihrer Stigmatisierung als Terroristen oder wegen der Lage in ihren Heimatländern nirgendwo hin. In den USA wiederum hätten sich »viele abgefunden mit Guantanamo, der Ausnahmefall ist Normalität geworden«, klagt Omar Farah, Anwalt des Center for Constitutional Rights, das viele Häftlinge des Lagers vertritt. Ende Januar hat das State Department in Washington jene Abteilung aufgelöst, die zur Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo Bay eingerichtet worden war.