Eine verlorene Generation?

»Jugendgarantie« der Europäischen Union soll hohe Arbeitslosigkeit senken / Linke Kritik am Programm

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.
»Gemeinsam für eine bessere Zukunft: Nein zum Spardiktat, Ja zu Arbeitsplätzen für junge Menschen« - unter diesem Motto hatte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) am Donnerstag zu einer Großdemonstration gegen die Wirtschaftspolitik der EU aufgerufen.

Tausende Protestierende drängten am Donnerstag in Brüssel darauf, das Thema Jugendarbeitslosigkeit endlich ganz oben auf die EU-Tagesordnung zu setzen. »Junge Menschen zahlen für die Krise und die Sparpolitik«, betonte der EGB in seinem Aufruf. »Im Dezember 2012 hatten in der EU über 5,7 Millionen Menschen unter 25 Jahren keinen Arbeitsplatz. Viele arbeiten unter prekären Bedingungen. Ohne soziale Grundversorgung fällt es diesen Jugendlichen schwer, eine Wohnung zu finden. Zur Gewährung guter Ausbildungen und Arbeitsstellen muss die Gesellschaft in junge Menschen investieren«. Die 27 EU-Staaten wollen mit einer »Jugendgarantie« antworten. Nur noch maximal vier Monate Arbeitslosigkeit soll jungen Menschen künftig zugemutet werden. Spätestens dann müsse ein Angebot für Job, Ausbildung oder Praktikum auf dem Tisch liegen. Sechs Milliarden Euro sollen in einen EU-Fonds fließen und vor allem EU-Ländern mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über 25 Prozent zugute kommen - allerdings erst im Zeitraum von 2014 bis 2020. Die EU-Kommission legte in dieser Woche Vorschläge zur Umsetzung vor und regte u.a. eine Europäische Allianz an, um den Ansatz der Dualen Ausbildung weiter zu verbreiten. Doch reicht das deutschen Gewerkschaften nicht. Sie fordern einen EU-Sondergipfel und ein Sofortprogramm. Die Situation sei alarmierend, so die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock. »Wirtschaft und Politik müssen eine verlorene Generation in Europa verhindern.« Vor allem in den Krisenstaaten Südeuropas hat die Jugendarbeitslosigkeit Rekordausmaße erreicht. So waren laut Statistikbehörde Eurostat in Griechenland im Dezember 58,4 Prozent ohne Job. Auch in Spanien war im Januar mehr als jeder Zweite (55,5 %) unter 25 Jahren arbeitslos. In Italien (38,7 %), Portugal (38,6 %) und der Slowakei (35,9 %) hatte im Januar jeder Dritte in dieser Altersgruppe keine Beschäftigung.

Die Situation hat sich seit Ausbruch der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise dramatisch verschlechtert. Lag die Quote im Herbst 2008 bei 15 Prozent, sind derzeit in der gesamten EU 23,6 und in der Euro-Zone 24,2 Prozent der jungen Menschen ohne Job. Unter allen Beschäftigten lag die Rate im Januar EU-weit bei 10,8 und in der Euro-Zone bei 11,9 Prozent. Am besten sei die Lage noch in Deutschland mit einer Quote von 7,9 Prozent, gefolgt von Österreich (9,9 %) und den Niederlanden (10,3 %). Die »Jugendgarantie« dürfe aber kein Blendwerk sein, mahnt Sehrbrock, sie müsse vielmehr »von einer Wirtschaftspolitik begleitet werden, die Abstand nimmt von einseitiger Sparpolitik und auf ein langfristig angelegtes Konjunktur- und Investitionsprogramm setzt«. Die EU-Abgeordnete Jutta Steinruck (SPD) moniert zudem, dass man die Gelder von anderen Struktur- und Sozialprojekten abziehen wolle. Die »Jugendgarantie« erfordere eigenständige Finanzierung, betont auch Gabi Zimmer, Fraktionsvorsitzende der Linken im Europaparlament. »Die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds werden bereits dringend zur Armutsbekämpfung gebraucht.«

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