nd-aktuell.de / 16.03.2013 / Politik / Seite 29

Auch unterm Teppich lässt sich's genüsslich leben

SPECKKÄFER: Bunte Winzlinge fressen nicht nur Blüten und schlürfen nicht nur Nektar

Prof. Dr. Ulrich Sedlag, Zoologe

Vor allem in weißen Blüten, z. B. von Holunder, Eberesche oder Spiräen, fallen von April bis August oft hübsche kleine Käfer auf - vorausgesetzt man ist es gewöhnt, auch ihrer bescheidenen Größenklasse Aufmerksamkeit zu schenken, denn sie sind nur drei bis vier Millimeter groß. Es handelt sich um mehrere Arten von Kabinettkäfern, die zur größeren Gruppe der Speckkäfer gehören. Da sie leicht verschleppt werden, sind sie weit verbreitet; beispielsweise kann man in Nordamerika den gleichen Arten begegnen

Bei der buntesten Art, die Teppichkäfer genannt wird, ist man manchmal enttäuscht, weil ihre Zeichnung weniger exakt als auf einer Abbildung ist. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Käfer beschuppt sind, und Schuppen ausfallen oder in Unordnung geraten können.

Die Käfer haben trotz ihrer geringen Größe einen ziemlich weiten Weg zurückgelegt, ehe sie in eine Blüte gelangten, in der sie Pollen fressen und vielleicht auch Nektar schlürfen. Und sie müssen wohl einen nicht minder weiten Weg zu einem Substrat bewältigen, in dem ihre Nachkommen aufwachsen können.

Dieses finden sie, worauf der Name Teppichkäfer hinweist, unter anderem in Gebäuden. Der Teppichkäfer nutzt aber auch Vogelnester für seine Brut. Das ist ein Hinweis auf die Anpassungsfähigkeit der Larven. Diese gilt auch für die beiden anderen häufigen Arten, den Wollkraut- und den Museumskäfer.

Im Freiland fressen die Larven an Kadavern, oft toten Insekten, die sie auch in Vogelnestern und Spinnweben finden. Sie verdauen also Chitin, aber auch Keratin, so dass sie sich im Hause außer über Teppiche auch über Wolle, Seide, Pelze, Federn und Borsten (Bürsten) hermachen. Auch über Speck, Räucherfleisch und Dauerwürste.

Die Larven der Kabinettkäfer können in Museen, vor allem aber in Insektensammlungen, großen Schaden anrichten. Sie sind in der Lage, sich durch feinste Ritzen in fest verschlossene Kästen zu zwängen. Diese müssen deshalb im Museum häufig kontrolliert werden, damit man nicht eines Tages an den Nadeln nur noch Fundort- und Bestimmungsetiketten vorfindet.

Eine Besonderheit der Larven sind drei am Hinterende stehende Büschel von Pfeilhaaren mit leicht abbrechenden Spitzen. Sie können gesträubt und einem Angreifer entgegen gestreckt werde. Dem verleidet ein Biss in ein solches Büschel wohl die Fortsetzung des Angriffs. Es wurde auch die Vermutung geäußert, dass die Spezialhaare giftig sein könnten.