nd-aktuell.de / 20.03.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Kopenhaschisch-Modell stößt nicht nur auf Zustimmung

Dänische Hauptstadt möchte weiche Drogen aus der Illegalität holen - Debatte über mögliche Gesundheitsgefahren

Andreas Knudsen, Kopenhagen
Die Kommune Kopenhagen schlägt die Zulassung des Haschischverkaufs in Apotheken vor, um den illegalen Handel zu unterbinden.

Die Stadtväter Kopenhagens haben zum dritten Mal einen Vorstoß unternommen, den Verkauf von Haschisch in kommunal betriebenen Verkaufsstellen zu legalisieren. Damit soll dem umfangreichen illegalen Handel mit sogenannten weichen Drogen die ökonomische Grundlage entzogen werden. Der Handel, der vorzugsweise über die sogenannte Pusher Street der alternativen Wohnsiedlung Christiania abgewickelt wird, hat längst die Hundert-Millionen-Euro-Marke überschritten. Der jährliche Verkauf in Kopenhagen wird auf 14 Tonnen geschätzt. Der Polizei gehen meist nur die kleinen Fische ins Netz.

Eine teilweise Legalisierung zum Eigenverbrauch würde Änderungen von Rauschgiftgesetzgebung, Strafgesetzbuch, Steuerregeln und kommunalen Vollmachten voraussetzen. Vorgeschlagen wird, dass der Verkauf entweder über Apotheken oder spezialisierte kommunale Verkaufsstellen laufen soll. Völlig unklar ist, wie Mengenrabatte zu handhaben oder der unvermeidliche Preiskrieg zu vermeiden wären. Auch illegale Dealer arbeiten nach Marktprinzipien und könnten die kommunale Herausforderung ohne weiteres aufnehmen. Ihre Gewinnspannen sind allein dadurch groß, dass sie weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen, während die kommunalen Verkaufsstellen mit Ladenmiete, Arbeitszeitregeln, Urlaubsgeld usw. belastet wären. Die erwartete Kostenneutralität würde bei diesen Ausgangsbedingungen kaum zu erreichen sein.

Die Kopenhagener Politiker stellen sich vor, Haschisch in den US-Bundesstaaten Oregon und Washington zu kaufen, wo der Anbau für bestimmte Zwecke legal ist. Allerdings ist fraglich, ob die Drogenbehörde in den USA den Export genehmigen würde. Aus diesen Überlegungen heraus haben konservative und sozialdemokratische Justizminister solche Vorschläge bisher abgelehnt. Der zuständige Bürgermeister für Soziales, Mikkel Warming, lässt sich davon jedoch nicht abschrecken. Er weist darauf hin, dass stetiger politischer Druck letztlich dazu geführt habe, dass Heroin für schwerabhängige Süchtige unter ärztlicher Aufsicht an bestimmten mobilen Fixerräumen verabreicht werden kann.

Unter Ärzten und Wissenschaftlern ist die Haschischlegalisierung umstritten. Laut Merete Nordentoft, Professorin der Psychiatrie an der Universität Kopenhagen, haben internationale Untersuchungen belegt, dass häufiger Gebrauch das Risiko erhöht, unter Angstanfällen, Psychosen oder schlechteren Gedächtnisleistungen zu leiden. Durch geringere Aufmerksamkeit oder verminderte psychomotorische Leistungsfähigkeit steige das Unfallrisiko im Verkehr, während das Rauchen die Wahrscheinlichkeit erhöhe, Lungenkrebs oder chronische Bronchitis zu entwickeln.

Befürworter der Legalisierung halten freilich dagegen, dass andere Untersuchungen die relative Harmlosigkeit von Haschisch belegen. Expertin Nordentoft wiederum verweist auf die Erfahrungen, die beim Kampf gegen Rauchen und übermäßige Alkoholeinnahme gesammelt wurden. In Dänemark ist der Anteil der Raucher an der Bevölkerung dank intensiver Aufklärungspolitik, Rauchverbot an vielen Orten und hoher Preise zwischen 1987 und 2010 von 44 auf 21 Prozent gesunken. In Grönland führte eine geringere Zugänglichkeit von Alkohol dazu, dass der Verbrauch auf das dänische Niveau von etwa elf Liter reinen Alkohols pro Jahr und Kopf gefallen ist. Alles in allem, so schlussfolgert Nordentoft, ist es besser, den Zugang zu erschweren und somit gar nicht erst das Image halber Unschädlichkeit aufkommen zu lassen.