nd-aktuell.de / 22.03.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Mit der Pistole auf der Brust

Bochumer Opel-Belegschaft entscheidet über Sanierungsplan

Marcus Meier, Bochum
Für die Opelaner in Bochum war der Donnerstag der Tag der Entscheidung. Die Beschäftigten stimmten über den Sanierungsplan der Konzernspitze ab.

Am Tor 1 des Bochumer Opel-Werkes hingen am Donnerstagnachmittag Transparente. »Gute Arbeit. Gute Löhne. Faire Chancen für NRW«, war zu lesen. Und: »Zukunft für ALLE bei Opel Bochum«. Übertragungswagen des ZDF und des WDR-Fernsehens warteten auf Neuigkeiten. Doch die Opelaner tagten fast so geheim wie jüngst das Konklave des katholischen Klerus. Ein Papstposten hingegen war hier nicht zu verteilen. Im Gegenteil: In Bochum sind hunderte Jobs in Gefahr.

Nach Rüsselsheim, Kaiserslautern und Dudenhofen stimmte am Donnerstag auch die Belegschaft von Opel Bochum über den »Deutschland-Plan« des Managements ab. Der sichert allen anderen Werken eine Perspektive - während das Bochumer Werk stark geschrumpft werden soll. Doch die Unternehmensspitze setzte ihren Malochern im Ruhrpott die Pistole auf die Brust: Stimmen sie dem Deutschland-Vertrag nicht zu, drohe eine Werksschließung bereits Ende 2014.

In zwei Schichten tagte die Belegschaft. Morgens zwischen halb sieben und neun Uhr sei kontrovers diskutiert worden. Allerdings ohne eindeutige Tendenz, so viel drang nach draußen. Um 14.30 Uhr begann die zweite Betriebsversammlung - für die Kollegen der Spätschicht. Ein Abstimmungsergebnis wurde erst nach Redaktionsschluss erwartet.

Vielfach habe Skepsis überwogen, sagen Insider. Demnach misstrauten viele Beschäftigte dem Management des Mutterkonzerns General Motors im fernen Detroit. Viele setzten Hoffnung in Nachverhandlungen. Andererseits ist auch klar: Ein Ja zum Vertrag ist ein Ja zum Ende der Fahrzeugfertigung in Bochum. Sie soll im Jahr 2016 auslaufen. 2100 der zuletzt 3300 Arbeitsplätze würden so vernichtet werden.

Die Belegschaften der deutschen Opel-Werke stimmen getrennt ab. Während der Standort in der Ruhrgebietsstadt weitere harte Einschnitte zu verkraften haben wird, müssen die anderen vier Opel-Standorte nicht mit vergleichbarem Ungemach rechnen. Das erklärt wohl auch, wieso deren Belegschaften dem Sanierungsplan der Unternehmensspitze jeweils mit großer Mehrheit zustimmten. Dafür fand Bochums Betriebsratsboss Rainer Einenkel harte Worte: »Das Wort Solidarität passt nicht ansatzweise auf dieses Verhalten«, sagte er. In Eisenach werden die Opelaner kommende Woche an die Abstimmungsurnen gerufen.

Die 1200 Opelaner, die in Bochum nach 2016 weiter beschäftigt werden sollen, werden je zur Hälfte in der Logistik sowie in der Autoteile-Fertigung eingesetzt. Es gebe im Tarifvertrag keine verbindliche Zusage für die versprochenen 600 hochwertigen Jobs in der Komponentenfertigung, moniert hingegen der Bochumer Betriebsrat.

Gleichwohl wurde der Sanierungsvertrag von der Gewerkschaft IG Metall mit dem Opel-Management ausgehandelt. Armin Schild, SPD-Bundesvorstand und zuständiger IG-Metall-Bezirksleiter Mitte, verteidigte das kritisierte Verhandlungsergebnis als »solidarisches Votum«. Es sei eine Zukunftsperspektive »für die Marke Opel als Ganzes und für alle deutschen Standorte« eröffnet worden.

In Bochum sieht man das ein wenig anders. Zeitnah soll dort die Autoproduktion heruntergefahren werden - von Drei- auf Zweischicht-Betrieb bereits im April. 700 Arbeitsplätze gehen in einem ersten Schritt verloren, Opel bietet den Betroffenen Abfindungen und Altersteilzeitprogramme an. Versprechen über angeblich »traumhafte Abfindungen« werden vom Betriebsrat indes als »unseriös« verspottet. Die Arbeitnehmervertreter wollen 80 Prozent der Arbeitsplätze retten und sichern jenen, die gehen wollen, ebenfalls Unterstützung zu.