»Satzungskonform und durchaus üblich«

War die Sperre gegen einen rassistisch verunglimpften Fußballer rechtens?

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Als »Nigger« und »Affe« sollen sogenannte Fans des türkisch-deutschen Fußball-Siebtligisten Dostlukspor Bottrop den Torwart des Gegners Hertha Hamborn beschimpft haben. Das Spiel wurde erst abgebrochen, als Onukogu sich offensiv wehrte. Heute verhandelt der Fußballverband Niederrhein über die Konsequenzen.

Kaum ein Bundesliga- oder Länderspiel-Kick findet ohne vorherige offizielle Aktion gegen Rassismus und andere Formen des gruppenbezogenen Menschenhasses statt. Doch in den unteren Ligen schaut das ganz anders aus. Und offenbar fühlen sich nicht nur deutsche Nazis bei Amateurspielen unbeobachtet und pudelwohl, sondern auch Rassisten anderen ethnischen Hintergrunds.

Seit Wochen tobt der Konflikt zwischen zwei von türkischen Zuwanderern geprägten Fußballvereinen der Gruppe 9 der niederrheinischen Bezirksliga: Haben mehrere Dutzend Fans von Dostlukspor Bottrop den nigerianischen Torwart von Hertha Hamborn beleidigt? Wurde Ikenna Onukogu am 3. März beim Aufeinandertreffen beider Mannschaften als »Nigger«, »Neger« und »Affe« geschmäht und schließlich mit einer Flasche beworfen, bevor er - immerhin das ist unstrittig - ausrastete, die Flasche zurückwarf und die gegnerischen »Fans« seinerseits attackierte? War es korrekt, das Spiel erst in der 88. Minute abzubrechen - und etwaige rassistische Beleidigungen gegen den einstigen nigerianischen Jugendnationalspieler bis dahin zu ignorieren?

Diese Fragen werden heute zu klären sein, wenn die Spruchkammer des Fußballverbandes Niederrhein (FVN) in Duisburg zusammentrifft.

Vielen stößt sauer auf, dass ausgerechnet Onukogu nach dem tumultartigen Spiel gesperrt wurde - bis auf Weiteres, will meinen: den Beginn der Verhandlung, also für sechs Pflichtspiele und ohne ordentliches Verfahren. Dies sei »zur einstweiligen Sicherung des Sportverkehrs notwendig«, verkündete der FVN zunächst. Ganz so, als sei Ikenna ein Schwerverbrecher, wie Hamborns Vereinspräsident Christian Birken verärgert feststellte.

Beim Deutschen Fußball-Bund blockt man jegliche Fragen zur Korrektheit dieser Entscheidung ab: »Die Zuständigkeit für diesen Vorgang liegt beim Fußballverband Niederrhein«, heißt es beim DFB. Der FVN, eine regionale DFB-Gliederung, hob zwischenzeitlich die einstweilige Sperre Onukogus - obwohl angeblich eine »satzungskonforme und durchaus übliche Verfahrensweise« - auf: allerdings erst nach reichlich überregionalen Negativ-Schlagzeilen.

Selbst die linker Umtriebe unverdächtige »Frankfurter Allgemeine« zeigte sich entsetzt ob der Ignoranz gegenüber »Rassismus im Fußball«. »Ich erwarte, dass Ikenna Onukogu für mehrere Jahre gesperrt wird«, fordert derweil Dostlukspor Bottrops Vereinschef Nuh Arslan gegenüber »nd«. Arslan sieht seinen Verein in den Schmutz gezogen. Er verweist auf den gambischen Partnerverein. Dostlukspor engagiere sich für Integration und Gewaltprävention. Schließlich: »Wir sind ein Club mit jeder Menge türkischer Migranten - und da sollen wir rassistische Äußerungen von uns geben?«

Der Vereinschef sagt, er werde heute mehrere Zeugen präsentieren, die belegen sollen, dass Onukogu vorsätzlich falsche Vorwürfe erhebe. Der Nigerianer habe mehrere Wochen Zeit gehabt, »seinen Fehler zu überdenken«. Nun müsse er aus dem Verkehr gezogen werden. Entschuldigt hat Arslan sich bisher nur für einen Vorfall: Der eigene Trainer Sebastian Stempel behauptete - in den Worten Arslans - »ein Zuschauer hätte den Torwart rassistisch beleidigt«.

Lesen Sie heute Abend auf www.nd-aktuell.de vom Ausgang des Verfahrens!

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