Wasserschlacht zur Begrüßung

Laoten feiern drei Tage mit traditionellen Reinigungsriten den Jahreswechsel

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Liste, die vor den Feiern vorgelegt wurde, war lang. Der Mann, der sie vorträgt, blickt finster drein. Oberstleutnant Phommachanh Souanbounma sagte: »Keine Feuerwerkskörper, kein künstlich gefärbtes oder schmutziges Wasser, kein mit Eiswürfeln gemischtes Wasser in Plastiktüten, keine spärliche Kleidung, keine Glücksspiele, keine Pornografie und kein Fahren unter Alkohol.« Es ging nicht um die Vorbereitung auf ein Bundesligaspiel der oberen Sicherheitskategorie, sondern eine festliche Angelegenheit: das Neujahrsfest im buddhistischen Laos.

Drei Tage feiern die Menschen den Jahreswechsel, diesmal vom 14. bis 16. April. Sie verabschiedeten am ersten Tag das alte Jahr, begingen den zweiten Tag quasi zwischen den Jahren, um am heutigen dritten Tag die Ankunft des neuen Jahres zu begrüßen. Verbunden ist dies mit traditionellen Reinigungsriten. Dazu werden in den buddhistischen Pagoden alle tragbaren Buddhafiguren ins Freie gebracht und dort von den Gläubigen mit durch Blüten parfümiertem Wasser benetzt. Auch Verwandte und Freunde verbinden die Wünsche für das neue Jahr mit Wasser, das den Beglückwünschten mit frischem Blattwerk auf den Rücken gesprenkelt wird.

So halten es die buddhistischen Mönche und viele ländliche Gegenden noch heute. Der Jugend in den Städten ist dies offenbar nicht cool genug. Griff man früher zu Eimer und Gartenschlauch, um die Wünsche zu bekräftigen, so artete der Brauch in den vergangenen Jahren zu regelrechten Straßenschlachten aus. Es bleibt nicht bei den billigen Wasserpistolen chinesischer Produktion. Mit Wasser gefüllte Plastiktüten werden zu gefährlichen Wurfgeschossen. Farbbeimengungen zeigen Treffer dauerhaft an. Autos werden zu Rundum-Wasserwerfern, Fässer oder Wannen zu Bastionen am Straßenrand, deren Besatzung mit Hochdruckspritzen auf die Angreifer zielen. Die Grenze zwischen Spaß und Ernst ist fließend, da auf beiden Seiten Motorradhelme und Plastikdeckel als Schilde auch für bessere Verteidigung sorgen.

Die Polizei ist meist machtlos, zumal auch Polizisten mal hier ein Eimer Wasser übergekippt und dort ein Bier eingeholfen wird. Was denn, Bruder Polizist? Wir feiern doch nur! Auch viele Laoten schütteln verständnislos den Kopf, wenn sie sich bemühen, in alter Tradition am zweiten Tag viele Pagoden aufzusuchen um sich so die günstigsten Startbedingungen für das neue Jahr zu sichern.

Nach dem Fest wird der Oberstleutnant wieder vor die Presse treten und die Bilanz verlesen. Im vergangenen Jahr wurden bei Verkehrsunfällen 350 Personen verletzt, 23 starben.

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