nd-aktuell.de / 17.04.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

»Der Zins ist ein leistungsloses Einkommen«

Von wegen Casino! Aufklärung über populäre Krisen-Irrtümer - Teil 8 der nd-Serie

Nicht erst seit der Finanzkrise stehen Banken und Finanzmärkte im Fokus der politischen Debatte – und am Pranger. Nun sollen die Banken zahlen, fordern die einen. Das sei eine große Gefahr, warnen die anderen. Denn vom Wohl der Banken hänge die ganze Wirtschaft ab. Wer hat recht? Sind Banker wirklich gierig? Und woher kommt die Abhängigkeit von den ominösen „Märkten“? Ein Autorenkollektiv der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat sich die gängigen Irrtümer über Banken, Börse und Kredit vorgenommen - und zeigt, dass nicht allein von Macht und Größe der Finanzmärkte alle Übel des Kapitalismus ausgehen. Klarheit statt Mythen: hier täglich in einer nd-Reihe.

»Der Zins ist ein leistungsloses Einkommen.«

Was gesagt wird:

Banken und Finanzanleger verleihen Geld und kassieren darauf einen Zins – ohne dafür zu arbeiten, ohne dafür Ware zu produzieren. Den Überschuss, den sie erzielen, haben sie insofern nicht «verdient». Stattdessen verlangen sie von der Realwirtschaft einen Zins, schmarotzen also an der Leistung der Unternehmen. Sie sind kein schaffendes, sondern raffendes Kapital und der Zins ist ein «leistungsloses Einkommen», heißt es zum Beispiel hier[1].

Was dran ist:

Es stimmt: Die Bank kassiert Zinsen, ohne selbst Waren zu produzieren. Stattdessen lässt sie produzieren. Aber: Mithilfe der von ihr geliehenen Summe kann der Betrieb sein Geschäft ausbauen, das geliehene Geld ist sein Mittel (siehe auch hier[2]). Ohne Kredit bei der Bank kann heute kaum ein Unternehmen im Wettbewerb bestehen.

Der Zins, den die Bank für den Kredit erhält, wird allein juristisch gerechtfertigt: Die Bank hat Anspruch auf ihn, nicht weil sie etwas produziert, sondern nur weil ihr die verliehene Geldsumme gehört. Darin unterscheidet sich die Bank aber gar nicht beispielsweise vom Eigentümer einer Autofabrik. Auch er erhebt Anspruch auf den Gewinn, ohne dafür arbeiten zu müssen. Der Gewinn steht dem Eigentümer zu, einzig weil ihm die Fabrik gehört – egal, ob er 18 Stunden am Tag in ihr arbeitet oder nicht. Dasselbe beim Eigentümer eines Hauses, der Miete erhält, die die Mieter erwirtschaften müssen.

Bank, Autofabrikbesitzer, Sparer, Hauseigentümer lassen arbeiten. Der Anspruch auf den erarbeiteten Ertrag (oder Teile davon) ist allein rechtlich begründet: durch das Privateigentum, also durch die Verfügungsgewalt über Fabrik, Haus oder Geld.

Die von einem Autorenkollektiv verfasste Broschüre »Von wegen Casino«[3] ist in der Reihe »luxemburg argumente« erschienen und kann bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung[4] bestellt werden.

Links:

  1. http://www.humanwirtschaftspartei.de/module/huwi/aktuell/anlagen/122/05-typke.pdf
  2. http://www.nd-aktuell.de/artikel/818420.das-finanzkapital-unterjocht-die-realwirtschaft.html
  3. http://www.rosalux.de/publication/39098/von-wegen-casino.html
  4. http://www.rosalux.de/