nd-aktuell.de / 18.04.2013 / Politik / Seite 5

Sprühen, was die Flasche hergibt

Regierung lehnt Statistik zu Pfefferspray-Einsätzen ab

Berlin (nd). Die Bundesregierung sieht trotz der Debatte um mögliche Gesundheitsgefahren keinen Anlass, den Einsatz von Pfefferspray durch die Bundespolizei zu dokumentieren. Dies geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die »neues deutschland« vorliegt. Die Dienststellen der Bundespolizei seien »bei unmittelbaren polizeilichen Maßnahmen (…) keine einsatzführenden Behörden«, erklärt das Bundesinnenministerium. Die Bundespolizei führe auch keine Statistik über Einsatz und Verbrauch von Reizstoffsprühgeräten. Zugleich verwahrte sich die Bundesregierung »entschieden« gegen den »Vorwurf des unkontrollierten und undifferenzierten Einsatzes von Pfefferspray«. Dieses komme »ausschließlich nach dem Gesetz« zum Einsatz.

Die LINKE-Politikerin Ulla Jelpke forderte dagegen gegenüber »nd«, jede Verwendung von Pfefferspray genauso zu dokumentieren wie den Einsatz von Wasserwerfern oder Schusswaffen. »Pfefferspray ist ein Mittel, das für Menschen mit gesundheitlicher Vorbelastung extrem gefährlich werden kann«, so die Innenexpertin. »Wenn die Bundesregierung selbst an ihre Behauptung glauben würde, Pfefferspray würde nur in verhältnismäßigem Umfang angewandt, hätte sie keinen Grund, eine Einsatzstatistik abzulehnen.«

In der Vergangenheit hatten mehrfach Berichte über schwere Verletzungen oder sogar über Todesfälle von vorbelasteten Personen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pfefferspray durch Polizisten für Schlagzeilen gesorgt. Dies sei auch »bei einer Aktualisierung der Handhabungshinweise« von Reizstoffsprühgeräten für Polizisten im Jahr 2008 berücksichtigt worden, erklärte die Bundesregierung. Neuere wissenschaftliche Studien über die mögliche Gefährlichkeit von Pfefferspray liegen den Polizeibehörden demnach nicht vor.

Die Linkspartei kritisiert den Einsatz von Pfefferspray »zur Ausübung des unmittelbaren Zwanges bei Versammlungen« schon länger als nicht verhältnismäßig. Jelpke sagte, Pfefferspray dürfe »nicht blindlings gegen renitente Demonstranten, die etwa einen Naziaufmarsch blockieren, eingesetzt werden«. Der Einsatz von Reizstoffen müsse »sich auf Fälle beschränken, in denen es um die Abwehr lebensbedrohlicher Gefahren geht«. Ein Antrag der Linksfraktion zur Beschränkung des Einsatzes von Pfefferspray bei der Polizei war im zuständigen Bundestagsausschuss auf Ablehnung gestoßen.