Citizen Murdoch

W. Randolph Hearst

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch ausgestattet mit Reichtum und Macht ist ihm nicht gelungen, was Joseph Pulitzer oder Alfred Bernhard Nobel fertigbrachten. Die von ihnen gestifteten Auszeichnungen überstrahlen bis heute die zweifelhaften Ursprünge des Preisgeldes: Nitroglycerin bei Nobel, reißerischer Boulevardjournalismus bei Pulitzer. Der Name William Randolph Hearst provoziert vor allem ungute Assoziationen. Vor 150 Jahren wurde der US-amerikanische Medienmogul geboren. Wenige Menschen haben die Entwicklung der privaten Massenmedien so geprägt wie der in San Francisco Geborene und 1951 in Beverly Hills Verstorbene: Der Gossenjournalismus als politische Waffe und der Anspruch, diese auch rücksichtslos einsetzen zu dürfen, wurden von ihm ebenso etabliert, wie durch ihn eine radikale Erosion von Anstand und Regelwerk im Medienbetrieb einsetzte.

Der Sprössling eines wohlhabenden Bergbauspekulanten war Mitinitiator bis heute tobender Konflikte: des Kriegs gegen die Drogen, des »Kriegs der Bilder« sowie des Kampfes großer privater Medien gegen den Staat. Nicht interessiert an den Goldminen des Vaters, kaufte er 1887 mit Mitte 20 seine erste Zeitung, den »San Francisco Examiner« - heute umfasst die Print-Sparte der Hearst Corporation laut Medienberichten 20 Magazine, 15 Tageszeitungen, Dutzende Wochenzeitungen.

»Sie liefern die Bilder, ich liefere den Krieg.« Hearsts 1898 ergangene Aufforderung an seine Fotografen, möglichst einseitige und schockierende Fotos zur Rechtfertigung militärischer Maßnahmen gegen Spanien im Kampf um Kuba zu liefern, ist sein berühmtestes Zitat. Eines, dass heute etwa der rechtskonservative US-Nachrichtensender »Fox News« beherzigt. Das bizarre Forum gehört zum weltweiten Mediennetzwerk des US-Australiers Rupert Murdoch, den man als würdigen Nachfolger Hearsts bezeichnen kann.

Vor dem Einsatz ihrer Medienmacht für persönliche Interessen schreckten beide nicht zurück: Hearst zettelte in den 30er Jahren eine Propagandaschlacht gegen Marihuana an. Dabei ging es ihm aber nicht um den von ihm verteufelten Rausch, sondern um den Wert von Gras als Rohstoff, der seine auf Holz basierenden Papierfabriken bedrohte. Murdoch nutzt seine Medienmacht nicht nur für eine rechtskonservative Agenda, sondern auch, um ihn selber betreffende Kartell-Gesetze zu beeinflussen.

Dass ausgerechnet Hearst es nicht schaffte, seinen Namen durch Stiftungen rein zu waschen, verwundert sehr. Vielleicht liegt es aber auch an Orson Welles, dessen meisterhafter Film »Citizen Kane« (1941) den Verleger als kalten Machtmenschen zeigt. Oder »Hearst Castle« ist schuld: das verkitschte Familienanwesen in Kalifornien, der Hunderte Millionen Dollar teure Stein und Marmor gewordene schlechte Geschmack.

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