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Kim Jong Un provoziert Obama

Verurteilung eines US-Bürgers zu Arbeitslager könnte Nordkorea dennoch diplomatisch nützen

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.

Kenneth Bae soll »feindliche Akte« gegen Nordkorea begangen haben. Jetzt wurde der 44-jährige US-Amerikaner mit koreanischen Wurzeln von einem nordkoreanischen Gericht zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Dies berichtete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag, jedoch ohne Baes angebliche Verbrechen näher zu erläutern. Die USA hatten noch am Montag ihre Forderung nach sofortiger Freilassung Baes wiederholt. Mit dem harschen Urteil gegen den US-Amerikaner heizt das Regime in Pjöngjang die Nordkoreakrise weiter an.

Bae war Anfang November vergangenen Jahres in Rajin festgenommen worden, das Teil einer Sonderwirtschaftszone im Grenzgebiet zu China ist. Er war zusammen mit anderen Touristen mit einem gültigen Touristenvisum eingereist. Wie der Nordkorea-Nachrichtendienst NK News berichtete, besitzt Bae eine in China ansässige Reiseagentur und befand sich zum Zeitpunkt seiner Festnahme auf einer fünftägigen Nordkorea-Reise. Südkoreanische Medien hatten zunächst spekuliert, er habe auf einer Festplatte verbotenes Material nach Nordkorea geschmuggelt. Anderen Berichten zufolge soll Bae versucht haben, bettelnde und obdachlose Kinder heimlich zu fotografieren.

Freunde beschreiben Bae als gläubigen Christen. Der in Südkorea geborene US-Amerikaner soll Kontakt zu der in Ohio ansässigen Organisation »Joseph Connection« haben, die Untergrund-Kirchen in China betreibt. Nach Recherchen von Daily NK sollen die Betreiber in einem Newsletter 2010 ihre Absicht erklärt haben, auch in Nordkorea tätig zu werden. Ob Bae tatsächlich für die Organisation tätig war, ist jedoch unklar.

Bae ist nicht der erste US-Amerikaner, der in Nordkorea zu jahrelanger Zwangsarbeit verurteilt wurde. Mindestens sechs US-Bürger wurden in den vergangenen vier Jahren verhaftet, darunter auch mehrere Christen, die vermutlich wegen Missionarstätigkeiten festgehalten wurden.

Der bislang prominenteste Fall waren zwei US-Journalistinnen, die 2009 festgenommen wurden, nachdem sie bei dem Versuch, mit Flüchtlingen zu sprechen, möglicherweise unbeabsichtigt nordkoreanisches Territorium betreten hatten. Die beiden wurden zu zwölf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Das Regime in Pjöngjang ließ sie erst frei, nachdem Ex-Präsident Bill Clinton nach Nordkorea gereist war und sich für ihre Freilassung stark gemacht hatte. Der damalige Machthaber Kim Jong Il nutzte die Gelegenheit und lud den Ehemann der damaligen US-Außenministerin zu einem Dinner in ein staatliches Gästehaus.

Pjöngjang wolle Baes Verurteilung nutzen, um die USA zu direkten Gesprächen zu zwingen, analysierte die südkoreanische Zeitung »Chosun Ilbo«. Das Regime des jungen Machthabers Kim Jong Un plane eine Wiederholung des Erfolgs von 2009, vermutet das Blatt. Damals hatte man den Clinton-Besuch ausgeschlachtet, um die Machtbasis der Kim-Familie zu stärken. Nordkoreanische Medien hätten die Rettungsmission so dargestellt, als wäre der Ex-Präsident als Bittsteller gekommen, der sich vor Kim verneigt, heißt es in dem Bericht.

Die Rechnung könnte auch dieses Mal aufgehen. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap hatte am Mittwoch unter Berufung auf eine anonyme Quelle gemeldet, Ex-Präsident Jimmy Carter plane in Kürze eine Nordkoreareise, um sich für die Freilassung des inhaftierten Bae einzusetzen. Dem Bericht zufolge hat Carter bereits Außenminister John Kerry in einem Brief über sein Vorhaben informiert.

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