nd-aktuell.de / 03.05.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Getroffene Hunde bellen

Haidy Damm

Als Greenpeace vor Kurzem sein »Schwarzbuch Kohleindustrie« veröffentlichte, in dem Seilschaften zwischen Politik und Industrie angeprangert werden, reagierten die angesprochenen Unternehmen ziemlich verschnupft. Jetzt ging noch einer auf die Barrikaden: Der Vorsitzende der IG BCE Michael Vassiliadis ist empört und kündigte der Umweltschutzorganisation in einem offenen Brief die Zusammenarbeit auf: »Die Organisation ist offenbar dabei, eine Art heiligen Krieg gegen die Kohle auszurufen. Zuerst die unhaltbare Behauptung, jedem Kohlekraftwerk seien so und so viele Tote zuzuschreiben. Jetzt das Schwarzbuch der käuflichen Politiker, Betriebsräte und Gewerkschafter.« Darin findet sich auch ein Portrait des IG BCE-Vorsitzenden, der zu den »Überzeugungstätern« für die Kohleindustrie gezählt wird.

Greenpeace begründet die Aufnahme von Gewerkschaftern damit, dass auch sie unter anderem als Aufsichtsratsmitglieder befangen sein können und »aus diesen Vergütungen Verbindlichkeiten resultieren«. Vassiliadis hält dem entgegen, dass Gewerkschafter einen Teil ihrer Aufsichtsratsvergütungen an gemeinnützige Organisationen weitergeben - unter anderem könnten davon auch die Umweltschützer profitieren.

Neu sind Auseinandersetzungen zwischen Umweltschutz- und Arbeitnehmerinteressen nicht. Unterirdisch wurden sie in Deutschland in den Hochzeiten der Atomeuphorie geführt, als Gewerkschafter vor Atomanlagen für ihre Arbeitsplätze demonstrierten. Anders übrigens als beispielsweise ihre Kollegen in Australien, die zur gleichen Zeit gegen Urantransporte streikten, Hafenanlagen lahmlegten oder Bahntransporte verweigerten.

Nun ist der alte Streit also wieder entbrannt, für die vorsichtige Annäherung zwischen Gewerkschaften und Umweltschutzorganisationen ist das ein herber Rückschritt. Und die Reaktion des Gewerkschaftsführers zeigt: Getroffene Hunde bellen, eine inhaltliche Auseinandersetzung liefert er nicht. Doch er bellt nicht nur, er betritt nun selbst den Boden völlig unangemessener Wortwahl: »Den von Greenpeace gewählten Stil der persönlichen Diffamierung kennen wir sonst nur aus dem rechtsextremen Lager«, schreibt er. Mit Verlaub, das geht gar nicht.