nd-aktuell.de / 07.05.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Bock wird nicht zum Gärtner

Belasteter Ex-Chef Mayrhuber darf bei der Lufthansa nicht den Aufsichtsrat leiten

Christian Ebner, dpa
Schatten aus der Vergangenheit haben verhindert, dass Ex-Boss Wolfgang Mayrhuber Aufsichtsratschef bei der Lufthansa wird. Anleger zwingen die Airline auf einen neuen Kurs.

Notlandung bei der Lufthansa: In buchstäblich letzter Minute hat die Fluggesellschaft den geplanten Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats gestoppt. Der frühere Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber zog am Montag seine Kandidatur zurück - einen Tag vor der Hauptversammlung in Köln, bei der er an die Spitze des Kontrollgremiums berufen werden sollte. Der amtierende Aufsichtsrat um Jürgen Weber wollte noch am Montag einen Nachfolger seines Nachfolgers präsentieren.

Es ist kein ruhiger oder einfacher Job, den die Lufthansa-Aktionäre heute zu vergeben haben: Europas umsatzstärkste Airline steckt in einer veritablen Krise, da braucht es starke Führung und klare Strategien. Das war bislang die Domäne von Weber, dem in seiner aktiven Zeit als Lufthansa-Chef so vieles gelungen ist, dass sich viele die Kranich-Airline ohne ihn gar nicht vorstellen können. Doch ausgerechnet seinen Abgang nach zehn Jahren an der Spitze des Aufsichtsrats hat »Mr. Lufthansa« verpatzt, indem er zu deutlich auf personelle Kontinuität gesetzt hat.

In Tradition der »Deutschland AG« sitzen im Kontrollgremium des Unternehmens mit mehr als 30 Milliarden Euro Jahresumsatz auf der Anteilseignerseite vor allem ehemalige Ex-Lufthansa-Manager und Vertreter anderer DAX-Konzerne wie SAP, Adidas oder BASF. Ausländische Investoren, die ein gutes Drittel der Anteile halten, sind klar in der Minderheit. Auch mit dem neuen Personaltableau - neben Mayrhuber sollte mit Merck-Chef Karl-Ludwig Kley ein weiterer Ex-Lufthanseat einziehen - zeichnete sich keine Wende ab.

Dennoch haben die angelsächsischen Investoren beim Verhindern von Mayrhuber, der schon 2011 ohne Wartezeit vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrates wechseln wollte, großen Einfluss genommen. Die Beratungsgesellschaft Institutional Shareholder Services (ISS) empfahl ihren Kunden ein »Nein« zum Personalvorschlag. Man stört sich an den zahlreichen Aufsichtsratsmandaten und der nur gut zwei Jahre währenden »Abkühlzeit« Mayrhubers. »Nach deutschem Recht reicht das zwar aus, aber in Großbritannien sind beispielsweise vier Jahre üblich«, erläutert Commerzbank-Analyst Frank Skodzik.

Deutsche Anleger wie die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Unioninvest betonen die Fehler aus Mayrhubers Amtszeit, an der Lufthansa aktuell schwer leide. Er sei »persönlich absolut integer, verkörpert für uns aber zu stark die ›alte Lufthansa‹«. Er stehe für eine übertriebene Internationalisierung und fehlerhafte Zukäufe, wobei notwendige Investitionen in die Flotte vernachlässigt wurden, sagt Fondsmanager Ingo Speich. Dabei geht es um die längst wieder abgestoßene British Midland, Lufthansa Italia oder Brussels Airlines. Weil die verpulverten Millionen für neue Flugzeuge fehlen, müsse nun die Belegschaft bluten, lautet die Rechnung der Gewerkschaften.