Geschwänzt

Dagmar Wöhrl verpasste wegen ihres Urlaubs das Patriot-Votum im Bundestag

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Union herrscht Disziplin. Politiker von CDU und CSU fehlen selten, wenn im Parlament über Gesetzentwürfe oder Initiativen abgestimmt wird. So ist es etwas verwunderlich, wenn eine konservative Abgeordnete einfach eine Abstimmung schwänzt. Unter diesem Verdacht steht nun die CSU-Frau Dagmar Wöhrl. Statt im eiskalten Berlin ihren Pflichten nachzukommen, flog sie im Dezember vergangenen Jahres für drei Wochen nach Sri Lanka und Thailand. Offiziell hatte sie sich bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) krankgemeldet. Ihr Knie schmerzte. Deswegen verpasste sie die Abstimmung über den Einsatz deutscher Patriot-Raketen an der türkisch-syrischen Grenze.

Die Geschichte passt zu dem Image der 59-Jährigen. Sie gilt als reiche Unternehmergattin, die sich eher für Shopping und Reisen als für Politik interessiert. Wöhrl war in den 1970er Jahren Schönheitskönigin. Später heiratete sie den Modehauserben und Fluglinieninhaber Hans Rudolf Wöhrl. Die »Bunte« feierte sie als »Frankens First Lady«. Dem Blatt erzählte Wöhrl kurz vor der letzten Bundestagswahl, wie »modisch Politikerinnen heute sein dürfen« und wie sie »den Terminstress durchsteht«.

Kaum bekannt ist, dass die Rechtsanwältin für Entwicklungspolitik zuständig ist. Die Sorge um benachteiligte Menschen soll auch der Grund für ihre Reise nach Asien gewesen sein. Wöhrl unterstützt in Sri Lanka mit der nach ihrem verstorbenen Sohn benannten Emanuel-Wöhrl-Stiftung eine Mädchenschule und ein Babyhospital. Doch für Besuche dieser Einrichtungen soll kaum Zeit gewesen sein. Die blonde Frau genoss vielmehr ein umfangreiches Touristenprogramm.

Ausgeschlossen ist, dass ihr Fernbleiben von der Abstimmung im Bundestag Ausdruck eines friedenspolitischen Protests war. Wöhrl stimmt seit Jahren brav mit der großen Mehrheit des Parlaments für Bundeswehreinsätze in der ganzen Welt. Diese sind inzwischen so wenig umstritten, dass die Bundesregierung bei der Abstimmung über den Patriot-Einsatz gar nicht auf die Stimme von Wöhrl angewiesen war.

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