Weitere Hinweise auf NSU-Umfeld

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(dpa/nd). Die Pannenserie der Berliner Behörden bei den Ermittlungen zum Umfeld des rechtsextremen NSU reißt nicht ab. Die Berliner Polizei leitete Hinweise nicht im vollen Umfang an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages weiter. Es geht um Informationen des V-Manns »VP-620«. Zusätzliche Dokumente der bereits bekannten V-Person wurden laut Innenverwaltung erst jetzt an den Ausschuss weitergeleitet.

Die SPD-Obfrau des Ausschusses, Eva Högl, nannte den Vorgang »ärgerlich«, er sei aber kein Skandal. Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte dem RBB, er sei »zornig«. Die Verantwortlichen hätten die Aufgabe, alle Treffberichte zur Verfügung zu stellen. Er wolle Licht in die Vorgänge bringen. »Ein Desaster«, kommentierte dagegen der innenpolitische Sprecher der LINKE Hakan Taş und warf dem Innensenator Untätigkeit vor. »Wie gewohnt wird nun auf individuelles Versagen im LKA verwiesen.«

In den Akten sind laut Polizei sieben Fundstellen bezüglich Personen zu finden, die heute dem Umfeld des NSU zugeordnet werden. Bislang gingen jedoch nur zwei an den Untersuchungsausschuss. Die als geheim eingestuften Berichte enthielten aus Berliner Sicht aber keine neuen Anhaltspunkte für die Aufklärung der NSU-Morde. »Die fünf nun weitergeleiteten Fundstellen haben keinen inhaltlichen Bezug zum NSU, sondern betreffen die rechte Musikszene«, sagte Stefan Redlich, Sprecher der Berliner Polizei.

Auch die Grünen-Fraktion kritisierte die Berliner Polizei sowie Innensenator Frank Henkel (CDU). Die Fraktion habe bereits im vergangenen Jahr Akteneinsicht in die Originaldokumente gefordert und bis heute nicht erhalten. Der »mangelnde Aufklärungswille« des Senators habe sich bitter gerächt. Piraten-Fraktionschef Christopher Lauer sagte, die Panne markiere einen neuerlichen Tiefpunkt, die die Berliner Innenverwaltung in ein fragwürdiges Licht stelle. »Dass der Fehler nur im Rahmen eines Akteneinsichtsersuchens aus dem Berliner Abgeordnetenhaus entdeckt wurde, spricht Bände«. Er wolle sich nun vor Ort über die Umstände der Dokumentenerstellung informieren, um nachzuvollziehen, inwiefern falsche Handhabung von Computertechnik zu dem Versagen geführt habe.

Die neuerliche Panne ist nicht der erste Fehltritt der Hauptstadtbehörden im Zusammenhang mit Hinweisen zum NSU-Umfeld. Der V-Mann Thomas S. hatte der Berliner Polizei zehn Jahre lang Erkenntnisse über die Neonazi-Musikszene und Hinweise zum NSU-Umfeld geliefert. Sie wurden aber vom Landeskriminalamt nicht an andere Behörden weitergeleitet.

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