EU-Beamte begehren gegen Reformpläne auf

Streik gegen Einsparungspläne auf ihre Kosten findet weniger Resonanz als erwartet / Weitere Aktionen geplant

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Europäische Union mit knapp 500 Millionen Bürgern beschäftigt etwa 48 000 Beamte. Deren Gewerkschaft USF macht gegen Einsparpläne mobil.

Der 7. Mai sollte nur ein Anfang sein. Rund 3500 EU-Beamte haben an jenem Dienstag für den Erhalt ihrer Arbeitsbedingungen gestreikt. Das waren weniger als erwartet, und auch die Aktion am folgenden Tag verlief ernüchternd. Da wollten die Beamten vom EU-Rat, die am Dienstag mit der Arbeitsniederlegung begonnen hatten, auch die Kollegen von der EU-Kommission und dem EU-Parlament dabei haben. Doch die zogen nicht mit, zumindest nicht in großer Zahl: Kommission und Parlament arbeiteten am Mittwoch wie gewohnt, und auch der Rat vermeldete keinen Ausfall von Sitzungen. Anders als am ersten Streiktag, an dem nur sechs von geplanten 26 Konferenzen im Gremium der EU-Mitgliedsstaaten stattfinden konnten.

»Wir müssen aufhören zu sagen: Wir verdienen gut und können deshalb kleine Opfer hinnehmen«, heißt es als Begründung für den Streik auf der Internet-Seite der größten EU-Beamtengewerkschaft, der Union Syndicale (USF). Aus den kleinen Opfern seien mittlerweile ernsthafte Bedrohungen geworden. Die Beamten sehen ihren gesamten Dienst in Gefahr.

Anlass dazu sind die Pläne der EU-Mitgliedsstaaten, die Arbeitsbedingungen der EU-Mitarbeiter zu ändern. Im Kern sind das: Erhöhung der Lebensarbeitszeit von 63 auf 67 Jahre, der Wochenarbeitszeit von 37,3 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, Anhebung des Rentenbeitrags von 11,6 auf 15,7 Prozent und der Krisenabgabe von 5,5 auf 6 Prozent, Deckelung der jährlich möglichen Gehaltserhöhung auf maximal zwei Prozent, keine automatische Beförderung mehr in höhere Dienstgrade, vor allem nicht in die höchstbezahlten Ränge mit mehr als 18 000 Euro monatlichem Grundgehalt.

Einige der Vorschläge waren auch schon in den Plänen vorgesehen, die der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic bereits vor knapp zwei Jahren vorgelegt hatte. Die Lebensarbeitszeit wollte er allerdings auf nur 65 Jahre erhöhen und finanzielle Einschnitte vor allem nur in den niedrigeren Gehaltsstufen machen. Die Abgeordneten des EU-Parlaments unterstützen in ihrer Mehrheit diese Pläne. Für noch stärkere Einschnitte in den oft als luxuriös bezeichneten Arbeitsbedingungen und Gehältern der EU-Beamten sind sie nicht zu haben. Sonst würde die Arbeit für die EU an Attraktivität verlieren, man bekäme kein gutes Personal mehr - so die Begründung.

Auch bei einigen EU-Mitgliedsstaaten finden solche Argumente Gehör. Belgien und Luxemburg sind gegen starke Einschnitte bei den Privilegien der EU-Beamte - aus gutem Grund, denn die meisten von ihnen leben in diesen Staaten und sind kaufkräftige Mitbürger. Doch zurzeit hat sich eine Gruppe von neun Staaten - Deutschland, Großbritannien, Österreich, Tschechien, Dänemark, Finnland, Niederlande, Schweden und Spanien - mit ihren Forderungen nach deutlich stärkeren Sparmaßnahmen beim EU-Beamtenapparat durchgesetzt. Die Gruppe hat die oben genannten Veränderungen formuliert. Mit diesen Forderungen werden die EU-Mitgliedsstaaten wahrscheinlich in die Verhandlungen gehen mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission. Zusammen müssen sich diese drei Einrichtungen darauf einigen, unter welchen Bedingungen die EU-Beamten die nächsten Jahre arbeiten sollen. Das erste Treffen der so genannten Trilogverhandlungen ist für den 13. Mai vorgesehen. Der Streik diese Woche sollte eine erste Warnung der Beamten sein. Weitere Aktionen sind geplant.

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