Solingen war kein Zufall

Antirassistisches Bündnis organisiert Aktionstage gegen Alltagsrassismus

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Bis zum 25. Mai will ein Aktionsbündnis antirassistischer Initiativen mit bundesweiten Aktionen an den tödlichen Brandanschlag vor 20 Jahren in Solingen erinnern und zugleich auf den Alltagsrassismus in Deutschland aufmerksam machen. Den Auftakt gab es in Sachsen-Anhalt.

Mit einer Veranstaltung zur Geschichte des deutschen Kolonialismus begannen am Freitagabend in Magdeburg die Aktionstage des antirassistischen Netzwerkes Sachsen-Anhalt. Dieses ist Teil des bundesweiten Bündnisses »Rassismus tötet«, das bereits im vergangenen Jahr an verschiedene rassistische Anschläge und Krawalle erinnert hat, die vor zwei Jahrzehnten in Ost- und Westdeutschland wie Rostock, Hoyerswerda und Mölln zahlreiche Tote und Verletzte forderten.

In diesem Jahr erinnert das Bündnis »Rassismus tötetet« an zwei Jahrestage, die vielen Politikern besonders unangenehme sein müssten. So jährt sich am 23. Mai zum 20. Mal der Tag, an dem eine große Koalition aus SPD, Union und FDP im Bundestag das Grundrecht auf Asyl derart einschränkte, dass es nur noch von ganz wenigen Flüchtlingen in Anspruch genommen werden kann. Kritiker sprechen auch von der faktischen Abschaffung des Asylrechts. Nur wenige Tage später, am 29. Mai, verübten Neonazis einen Brandschlag auf ein von Menschen ohne deutschen Pass bewohntes Haus in Solingen, bei dem fünf Menschen starben.

»Wir wollen diese beiden Jahrestage zum Anlass nehmen, um an ein rassistisches Klima in Deutschland zu erinnern, das auch für die NSU-Morde und die Stigmatisierung von deren Opfern zu Tätern verantwortlich ist«, meinte Martin Sommer (Name geändert) vom antirassistischen Netzwerk Sachsen-Anhalt gegenüber »nd«. Dort haben sich Flüchtlingsinitiativen, Antirassismus- und Antifagruppen zusammengeschlossen, die in den nächsten Tagen mit Veranstaltungen und Ausstellungen über den deutschen Alltagsrassismus und seine historischen Wurzeln informieren wollen. In den Veranstaltungen der kommenden Tage, die auf der Webseite antiranetlsa.blogsport.de zu finden sind, werden aktuelle Ausdrucksformen des Rassismus thematisiert, beispielsweise verdachtsunabhängige Polizeikontrollen, von denen meist Menschen mit dunkler Hautfarbe betroffen sind, oder die Residenzpflicht für Flüchtlinge, die ihre Bewegungsfreiheit einschränkt.

Wie in Sachsen-Anhalt sind auch in den anderen Bundesländern dezentrale Aktionen geplant. An zwei Terminen spielen antirassistischer Protest und Widerstand eine wichtige Rolle. So sind am 16. Mai bundesweit in zahlreichen Städten Aktionen vor Ausländerbehörden geplant. In Sachsen-Anhalt wird es an diesem Tag Kundgebungen auf dem Marktplatz von Halle und dem Magdeburger Ulrichsplatz geben. Zum Abschluss der Aktionstage sind am 25. Mai zwei bundesweite antirassistische Großdemonstrationen unter dem Motto »Das Problem heißt Rassismus!« geplant. In Solingen soll damit an die Opfer des Brandanschlages vor 20 Jahren erinnert werden. In Berlin wird an die Verantwortung der politisch Verantwortlichen erinnert, die vor 20 Jahren auf Alltagsrassismus mit der Einschränkung des Asylrechts reagierten.

Zurzeit agieren rechte CDU-Politiker in verschiedenen Berliner Bezirken, beispielsweise in Reinickendorf, gegen die Ausweisung öffentlicher Gebäude als Flüchtlingsunterkünfte. Dabei fühlen sich antirassistische Gruppen an die Debatten vor zwei Jahrzehnten erinnert. Martin Sommer erinnert allerdings auch an den Aufbruch der Flüchtlinge im letzten Jahr, die mit vielen Aktionen und einem Zeltlager in Berlin gegen ihre Diskriminierung protestieren.

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