Senat stoppt Zahlungen an Jüdische Gemeinde

Ursächlich soll angeblich ein lückenhafter und verspätet abgegebener Wirtschaftsplan sein

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(epd). Der Senat hat Medienberichten zufolge die staatsvertraglich zugesicherten Geldzahlungen an die Jüdische Gemeinde Berlin vorübergehend gestoppt. Grund sei ein lückenhafter und verspätet abgegebener Wirtschaftsplan für das laufende Jahr, berichtet gestern der »Tagesspiegel am Sonntag«.

Da der Stellenplan fehle, sei nicht nachzuvollziehen, wie viel Personal mit welcher Bezahlung wo eingesetzt werde, heißt es unter Berufung auf Senatskreise. Die Jüdische Gemeinde in Berlin ist mit rund 10 000 Mitgliedern die größte in Deutschland.

Die Zuschüsse des Landes an die Jüdische Gemeinde sind in einem Staatsvertrag geregelt. Danach bezuschusst das Land die mehr als 300 Mitarbeiter in jüdischen Einrichtungen wie etwa Schulen und Seniorenheimen. Pro Quartal seien das im vergangenen Jahr zwischen 2,5 und 3,1 Millionen Euro gewesen, berichtet die Zeitung weiter. Die Landeszuschüsse decken laut »Berliner Morgenpost« etwa zwei Fünftel des Personal- und Gemeindeetats.

Die Finanzlage der Gemeinde gilt seit langem als angespannt. Grund sind vor allem überhöhte Rentenzahlungen an Mitarbeiter in der Vergangenheit. Joffe, der laut »Tagesspiegel« ein Jahresgehalt von 125 000 Euro bezieht, wies dem Bericht zufolge den Vorwurf zurück, der Wirtschaftsplan sei nicht korrekt. Die Gemeinde hat laut Zeitung beim Senat Schulden in Höhe von vier Millionen Euro. Seit November behalte der Senat deshalb monatlich 100 000 Euro von den staatsvertraglich zugesicherten Zuwendungen ein. Joffe habe auch nach mehrmaliger Aufforderung kein Sanierungskonzept vorgelegt. Joffe sprach dagegen von einvernehmlichen Kürzungen, berichtet die Zeitung.

Am 30. April hat die Polizei zudem in den Räumen der Gemeinde zwei Computer beschlagnahmt. Der Gemeindevorsitzende bestätigte, dass gegen einen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter ermittelt wird. Die Gemeinde selbst sei aber zu keiner Zeit Gegenstand der Ermittlungen gewesen. Laut Internetblog »Gemeindewatch«, das von Mitgliedern der Opposition in der Repräsentantenversammlung der Gemeinde betrieben wird, soll es um Erpressungsversuche und Korruptionsvorwürfe gegen den Mitarbeiter gehen, schreibt die Zeitung.

Unterdessen wächst der Unmut in der Gemeinde. So soll eine von der Opposition im Gemeindeparlament initiierte Unterschriftenaktion für Neuwahlen bereits 1500 von benötigten 1820 Unterschriften gesammelt haben. Zwanzig Prozent der wahlberechtigten Gemeindeglieder müssen sich für eine Neuwahl aussprechen. Die Initiative wirft laut »Tagesspiegel« dem Vorstand »dilettantisches, selbstherrliches und undemokratisches Verhalten« vor.

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