Über eine mögliche Beendigung der permanenten staatlichen Zuschüsse für die Kirchen durch eine Einmalzahlung denkt die rot-rote Landesregierung in Brandenburg nicht nach. Dabei zeigt der Bundestag einen Weg dorthin. Das wird durch eine parlamentarische Anfrage des Landtagsabgeordneten Matthias Loehr (LINKE) deutlich.
»Die Landesregierung sieht derzeit keinen Anlass, sich mit dieser Frage zu beschäftigen«, lautet die kühle Antwort von Kulturministerin Sabine Kunst (für SPD) auf die Anfrage von Loehr. Dieser hatte sich danach erkundigt, ob das »bisherige System« staatlicher Leistungen an die Kirchen durch eine Einmalzahlung beendet werden könnte und wie die Landesregierung zu diesem Vorschlag stehe. Auch, ob sich die Regierung eventuell andere Wege vorstellen könne, die regelmäßigen Zahlungen an die Kirche abzulösen, wollte Loehr wissen.
Der Abgeordnete berief sich auf einen Beitrag des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, in dem davon berichtet wurde, dass sich im Bundestag eine »fraktionsübergreifende Mehrheit abzeichnet, die Staatsleistungen an die Kirchen neu zu regeln«. Dabei handle es sich um Leistungen, »die auf historischen Gesetzen, Verträgen und besonderen Rechtstiteln beruhen«.
Zurück gehen diese Zahlungen auf einen Reichsdeputationsbeschluss von 1803 in Folge der Verweltlichung kirchlicher Güter, worunter insbesondere die Auflösung von Klöstern nach der Reformation und die Enteignung von Landbesitz fallen. Daraus wird abgeleitet, dass in Deutschland der Staat heute noch jährlich fast eine halbe Milliarde Euro an die Kirchen überweist. In Frankreich dagegen verbietet die Verfassung die Bezuschussung eines jeglichen Kultus, also auch die des christlichen.
Matthias Loehr zufolge wird derzeit im Innenausschuss des Bundestages ein Gesetzentwurf mit dem Ziel beraten, die jährlichen Staatsleistungen durch eine Einmalzahlung abzulösen.
Nach Angaben von Kulturministerin Kunst zahlt Brandenburg jährlich rund zehn Millionen Euro an die evangelische Kirche und eine Million Euro an die katholische. So wurde es im Staatsvertrag mit den Protestanten 1996 beziehungsweise mit dem Vatikan 2003 festgelegt. Die bis dahin auf »unübersichtlichen historischen Rechtstiteln« beruhenden Leistungen seien so »auf eine neue Grundlage gestellt« worden, heißt es. Derzeit sehe die Landesregierung weder auf Bundesebene noch auf Landesebene »gesetzgeberischen Handlungsbedarf«.
Die von Kunst genannten Summen sind noch nicht alles. Die Zuschüsse Brandenburgs zugunsten protestantischer Gotteshäuser betrugen in der Vergangenheit rund 1,53 Millionen Euro jährlich. Nachdem der Domstift Brandenburg baulich gesichert war, verringerten sich die Zuschüsse allein für den bedeutenden Dom von 1,02 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 373 000 Euro im Jahr 2003. Außerdem erhalten noch andere Religionsgemeinschaften Geld vom Land. Für die jüdischen Gemeinden gab es zwischen 200 000 und 300 000 Euro jährlich. Die russisch-orthodoxe Kirchgemeinde in Potsdam bezieht jährlich rund 9000 Euro. Hinzu kommen noch die Aufwendungen der öffentlichen Hand für den Religionsunterricht. Sie lagen im Durchschnitt bei fünf Millionen Euro pro Jahr für den evangelischen Religionsunterricht und etwa 750 000 Euro für den katholischen.
Die Bundesrepublik sah sich als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches zu dergleichen Zahlungen verpflichtet. Die DDR sah sich nicht in dieser Tradition und ließ sich daher nicht festlegen. Einen Beitrag für Reparaturen an Kirchenhäusern und erhebliche Zuschüsse zur Entlohnung der Priester gewährte sie aber dennoch. Nach Aussage des einstigen evangelischen Konsistorialpräsidenten und späteren sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe belief sich der Beitrag zur Besoldung der Pfarrer aus der DDR-Staatskasse auf Anteile zwischen 25 und 40 Prozent.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/821379.der-kirchentribut-bleibt.html