nd-aktuell.de / 17.05.2013 / Kultur / Seite 13

Elektro-Zither und Blaskapelle

Musikakademie Rheinsberg: ein Bundesjugendensemble für Neue Musik

Antje Rößler

Neue Musik ist selten ein Publikumsrenner. Besonders Kinder und Jugendliche fremdeln mit der elitären Aura der einschlägigen Festivals von Darmstadt bis Donaueschingen. Um den Nachwuchs dennoch für neuartige Klänge zu begeistern, haben mehrere Bundesländer eigene Jugendensembles für Neue Musik gegründet. Vorreiter waren Rheinland-Pfalz und das Saarland in den frühen Neunzigern. Niedersachsen und Thüringen zogen nach; und vor wenigen Wochen haben auch Brandenburg und Berlin derartige Ensembles ins Leben gerufen.

Warum nicht auf dieser Basis einen länderübergreifenden Klangkörper schaffen? Schließlich gibt es doch auch ein Bundesjugendorchester und ein Jugendjazzorchester. Diese Frage stellte man sich an der Musikakademie Rheinsberg, wo sich die bereits existierenden Jugendensembles für Neue Musik regelmäßig zu Arbeitsphasen einfinden. »Vor zwei Jahren traten bei uns mehrere Landesensembles einzeln auf«, erinnert sich Ulrike Liedtke, künstlerische Leiterin der Musikakademie. »Anschließend saßen wir auf der Terrasse und überlegten: Wäre es nicht spannender, wenn die jungen Leute gemeinsam musizierten? Wir verfolgten den Gedanken weiter bis hin zu einem Bundesjugendensemble für Neue Musik.«

Das ist freilich Zukunftsmusik, denn bislang hat noch nicht einmal jedes Bundesland sein eigenes Landesensemble. Doch in Rheinsberg möchte man nicht länger warten. »Wir wollen den Prozess in Gang setzen und starten deshalb mit einem Pilotprojekt, dem Ensemble der Länder«, sagt Ulrike Liedtke. Darin vereinen sich dreißig 14- bis 15-jährige Schüler aus den bestehenden Landesensembles. Das Gründungskonzert des Ensembles der Länder findet am 19. Mai im Rahmen der Rheinsberger Pfingstwerkstatt Neue Musik statt.

Es war schwierig, das Programm für den Abend auszuwählen. »Da wir jedem Bewerber eine Chance geben wollen, entstand eine kuriose Besetzung«, erzählt Ulrike Liedtke. »Es gibt nun vier Klarinetten, aber nur eine Geige.«

Fündig wurde man beispielsweise bei Iannis Xenakis, dessen Stück »Plektó« die ungewöhnliche Besetzung von Flöte, Klarinette, Klavier, Perkussion, Geige und Cello verlangt. Ein Trio aus Flöte, Klavier und Schlagzeug wird »Li-Umm-Kámel« aufführen, das der palästinensische, in Berlin lebende Komponist Samir Odeh-Tamimi in Erinnerung an seine Urgroßmutter geschrieben hat. In »Hin und Her« von Alexander Strauch gesellen sich schließlich drei elektrifizierte Zithern zu einer Blaskapelle.

Bei der Auswahl des Repertoires halfen die Mitglieder des in Berlin ansässigen ensemble mosaik, die dem Projekt als Mentoren zur Seite stehen. »Bei ihrem Instrumentallehrer spielen die jungen Musiker meist klassische und romantische Werke«, erläutert Ulrike Liedtke. »Das ensemble mosaik wird deshalb die einwöchige Probenphase begleiten, um Spieltechniken der Neuen Musik zu zeigen und ungewöhnliche Notationen zu erklären.«

Geleitet wird das Konzert von dem Dirigenten Juri Lebedev. Dieser verfügt über jede Menge Erfahrung in der Nachwuchsarbeit, leitet er doch in Thüringen das Landessinfonieorchester und das Jugendensemble Neue Musik.

Um Stabilität in die Pilotphase des Ensembles der Länder zu bringen, wird sich die Rheinsberger Pfingstwerkstatt 2014 ausschließlich diesem Projekt widmen. Wie es dann weitergeht auf dem Weg zu einem echten Bundesensemble, darüber hat man sich in Rheinsberg konkrete Vorstellungen gemacht: Jährlich soll eine Arbeitsphase mit anschließenden Auftritten stattfinden, bei der auch ein Auftragswerk erarbeitet wird. Um für stilistische Vielfalt zu sorgen, rotiert die künstlerische Leitung alle zwei Jahre zwischen den Leitern der Landesjugendensembles. Und schließlich hoffen Ulrike Liedtke und ihre Mitstreiter auf eine institutionelle Einbindung in den Deutschen Musikrat.

Rheinsberger Musiktage vom 17. Mai bis 20. Mai. Pfingstwerksatt Neue Musik vom 17. bis 19. Mai. Gründungskonzert des »Ensembles der Länder« am Sonntag, dem 19. Mai, 19.30 Uhr, im Schlosstheater Rheinsberg .

www.musikakademie-rheinsberg.de[1]

Links:

  1. http://www.musikakademie-rheinsberg.de