nd-aktuell.de / 17.05.2013 / Kultur / Seite 13

Gottes Teilchen

Erstmals ist es Forschern gelungen, menschliche Hautzellen in embryonale Stammzellen umzuwandeln. Oder, in er Lesart vieler Medien: menschliche Embryonen aus Menschenhaut herzustellen. Ist es beängstigend, wie weit der Mensch sich zu den Titanen auf dem Olymp aufschwingt? 3-D-Drucker können aus dem scheinbaren Nichts Alltagsgegenstände, Menschenohren, perfekte Kopien menschlicher Gelenke, aber auch Waffen zaubern, Wissenschaftler arbeiten bereits an der künstlichen Photosynthese und am Klonen von Fleisch aus den Hautzellen von Tieren. Was in Jahrmillionen Evolution entstanden ist, wird vom Menschen auseinandergenommen und neu zusammengesetzt.

Mit jeder Erfindung, wissenschaftlicher Ergründung der Natur entfernt sich der Mensch weiter von Gott - kritisiert die Kirche. Doch es gilt auch: Die Existenz allen Lebens durchläuft einen Kreis; mit jeder Entfernung von Gott kommt der Mensch Gott immer näher. Die Götter der Antike hatten den Menschen die Emanzipation von der Natur voraus - um den Preis, Verantwortung für sich und die Welt übernehmen zu müssen. Man nennt das gemeinhin Aufklärung. Wir Menschenkinder hatten es bislang leicht, diese Verantwortung abzustoßen und stehen jetzt an der Schwelle einer neuen Erkenntnis: Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein. jam