nd-aktuell.de / 21.05.2013 / Politik / Seite 4

Arbeiterführer

Ortwin Baier kämpft als Bürgermeister gegen Fluglärm.

Wenn der neue Hauptstadtflughafen in Schönefeld endlich in Betrieb gehen sollte, wird die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow am stärksten vom Fluglärm betroffen sein. Die Maschinen werden dicht über die Dächer hinweg starten.

Seit 2004 ist Ortwin Baier Bürgermeister. Er musste erfahren, dass sich die Umlandgemeinden des Flughafens und ihre Einwohner jedes bisschen Ruhe immer erkämpfen mussten. Überschreitungen eines Lärmpegels von 55 Dezibel am Tage sind nach derzeitigem Stand verboten. Doch das Oberverwaltungsgericht musste dies erst klarstellen. Die Flughafengesellschaft war der Meinung, dass 0,49 Überschreitungen des Lärmpegels auch null sind. Das hätte 89 Überschreitungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres erlaubt.

Doch mit der Gerichtsentscheidung ist der Streit nicht beendet. Das Urteil führt nach Darstellung von Airportchef Hartmut Mehdorn dazu, dass 80 Prozent der Anwohner Lüftungsanlagen und Schallschutzfenster gar nicht mehr bezahlt bekommen. Dies ist der Fall, wenn die Kosten 30 Prozent des Wertes eines Hauses übersteigen. Dann gibt es nur eine finanzielle Entschädigung.

Hier wäre die 30-Prozent-Grenze heraufzusetzen, verlangte Bürgermeister Baier. Er forderte von den Flughafeneigentürmern Bund, Berlin und Brandenburg, Mehdorn zurückzupfeifen. Außerdem kündigte Baier an, seine Gemeinde werde jeglichen Versuchen, den Schallschutz aufzuweichen, »mit allen ihr zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln entgegentreten«.

Baier ist 55 Jahre alt. Er hat vier Kinder und auch schon Enkel. Vom Typ her ist er kämpferischer Sozialdemokrat vom alten Schlag, so eine Art Arbeiterführer. Ausgerechnet so ein Mann soll die Häuschen des Bürgertums vor Lärmbelästigung bewahren? In der Frage steckt ein Missverständnis. Anders als andere Orte im Südosten Berlins ist Blankenfelde-Mahlow kein typischer Villenvorort. Es gibt hier auch die üblichen Wohnblöcke mit Mietsquartieren. Da passt es dann durchaus ins Bild, wenn Baier über die SPD-Führung schimpft, die die Arbeiter verraten habe. Andreas Fritsche