Obama »verfeinert« Drohnenterror

US-Präsident verspricht wieder einmal Schließung Guantanamos

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
In der ersten großen Rede zur »Antiterror«-Politik in seiner zweiten Amtszeit kündigte US-Präsident Barack Obama eine »Verfeinerung« der Drohnenangriffe an. Zudem versprach er neue Bemühungen zur Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo.

Drohnen würden gegen ausländische Terrorverdächtige ab sofort nur noch eingesetzt, wenn eine Gefangennahme nicht möglich sei, sagte US-Präsident Barack Obama am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) an der National Defense University in Washington. »Wir werden die Souveränität von Staaten respektieren«, versprach er in einer mehr als eine Stunde dauernden Rede. Einen militärischen Einsatz von Drohnen im Luftraum über den USA werde es nicht geben. Ohne gerichtlichen Prozess dürften nur Menschen getötet werden, die eine »dauerhafte und unmittelbare Bedrohung für Amerikaner« darstellten.

Die bisherigen Drohnenangriffe seien immer »angemessen, effektiv und legal« gewesen, so Obama. Im Prinzip sei der Einsatz von Drohnen sowohl nach US-amerikanischem als auch nach internationalem Recht erlaubt, behauptete der Präsident.

Obama versprach ferner einen Vorstoß zur Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba. Er rief den Kongress auf, die Beschränkungen für die Überführung mutmaßlicher Terroristen auf US-Territorium aufzuheben. Das Pentagon werde ein Militärgericht bestimmen, vor dem den Guantanamo-Insassen der Prozess gemacht werden soll. Das Lager sei »in der ganzen Welt zu einem Symbol für ein Amerika geworden, das die Herrschaft des Rechts verspottet«, meinte der Staatschef. Jeder der 166 derzeitigen Insassen koste den Steuerzahler zudem fast eine Million Dollar im Jahr.

Als ersten Schritt kündigte der Chef des Weißen Hauses an, er werde ein 2009 erlassenes Moratorium der Rückführung jemenitischer Guantanamo-Insassen aufheben. Außerdem werde das Außenministerium beauftragt, die Überführung der Gefangenen einzuleiten.

Der US-Präsident kündigte eine »neue Phase« des Antiterrorkriegs an. Aber seine fein kalibrierte Rede signalisierte weder das Ende des Drohnenkriegs noch die baldige Schließung von Guantanamo.

»Wie transparent wird Washington bei neuen Drohnenangriffen sein? Wird es zukünftige Drohnenschläge überhaupt einräumen?«, fragte beispielsweise der Blogger der »New York Times« noch während der Rede. Konkretes hatte der US-Präsident dazu vermissen lassen. Den Geheimdienst CIA, der für das klandestine Programm verantwortlich ist, nannte er erst gar nicht, ebenso wenig seine eigenen Unterschriften unter Tötungsziele.

Die Rechtsanwaltsvereinigung »Center for Constitutional Rights« zeigte sich enttäuscht. Das »neue« Drohnenprogramm Obamas sei nur eine »Verfeinerung«. Darüber hinaus sei die Repatriierung von jemenitischen Guantanamo-Häftlingen zwar zu begrüßen, aber angesichts des derzeitigen großen Hungerstreiks im Lager viel zu wenig. Auch die Aktivistin Medea Benjamin von »Code Pink«, die die Obama-Rede mehrmals unterbrach, äußerte ihre Enttäuschung. Mit dem Ausruf »Werden Sie die Familien unschuldiger Opfer entschädigen?« wurde sie abgeführt.

Kritik von rechts übten die Republikaner. »Die Politik des Präsidenten signalisiert eine Kapitulation vor der Bedrohung durch Al Qaida«, tönte der republikanische Vorsitzende des Kongressausschusses für Innere Sicherheit, Michael McCaul. Senator John McCain sprach von einem »Realitätsverlust«.

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