Blockierte Nazis in Karlsruhe

Auch in Hessen und Sachsen-Anhalt gab es am Wochenende antifaschistische Proteste

  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 2500 Menschen stellten sich in Karlsruhe den Neonazis in den Weg. Die Rechtsextremen mussten ihren Marsch durch die Stadt absagen. Auch in Hessen und Sachsen-Anhalt gab es Proteste gegen Naziveranstaltungen.

Karlsruhe/Gießen (Agenturen/nd). Nach einer Blockade von Gegendemonstranten hat die Stadt Karlsruhe am Samstag einen geplanten Zug von Neonazis zum Bundesverfassungsgericht aus Sicherheitsgründen verboten. Rund 2500 Menschen hatten am Hauptbahnhof stundenlang den Aufmarsch von 200 Nazis blockiert, wie die Polizei mitteilte. Daraufhin wurde diesen nur eine Kundgebung erlaubt. Eine spontane Neonazi-Demonstration im nahe gelegenen Bruchsal verhinderte die Polizei.

In Karlsruhe waren die Nazis am Hauptbahnhof von Gegendemonstranten eingekeilt worden. Die Polizei sah sich nach Angaben eines Sprechers nicht mehr imstande, die Sicherheit zu garantieren. Daher habe die Stadt den ursprünglich geplanten Neonazi-Zug zum Bundesverfassungsgericht verboten. Ein Verbot der Demonstration war am Freitagabend vom Verwaltungsgerichtshof in Mannheim aufgehoben worden. Die Stadt hatte sie zunächst untersagt. Die Polizei war mit über 1000 Einsatzkräften vor Ort.

Ein Bündnis aus rund 100 Initiativen, Kirchen und Verbänden sowie der Stadt Karlsruhe hatte zu Gegenveranstaltungen aufgerufen. Rund um das Bahnhofsgelände kam es nach Polizeiangaben zu Auseinandersetzungen, als mehrere Demonstranten versuchten, über ein Absperrungsgitter zu klettern. Dabei flogen Flaschen, Eier und Farbbeutel. Nach dem Demonstrationsverbot wollten rund 60 Rechtsextreme im 20 Kilometer entfernten Bruchsal vor der dortigen Justizvollzugsanstalt demonstrieren, wurden aber von der Polizei daran gehindert.

Auch die Stadt Karlsruhe war gegen die Neonazis aufgetreten. Sie hatte knapp 300 große Fahnen und mehr als 8000 Plakate im Stadtgebiet verteilt und erstmals selbst zu einer eigenen Kundgebung unter dem Motto »Flagge zeigen« aufgerufen. Die Stadt wolle sich »öffentlich und wahrnehmbar solidarisieren mit Werten, die uns wichtig sind, die wir kennen und verteidigen«, sagte Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD).

Auch in Mittelhessen demonstrierten mehrere hundert Menschen am Samstag gegen Rechtsextreme. In Allendorf/Lumda und Grünbeg bei Gießen gingen Bürger gegen die NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« auf die Straße. Zu der Gegenveranstaltung hatte ein Netzwerk für Demokratie und Toleranz im Lumdatal aufgerufen, an dem sich auch die evangelische Kirche beteiligte. In der Region wurden zunehmend Aktivitäten der rechten Szene registriert.

Trotz Kälte und Regen protestierten mehrere hundert Menschen in Sachsen-Anhalt gegen ein Nazikonzert und seine Veranstalter. Zum Auftakt fand in Groß Germersleben ein Straßenfest mit nach Veranstalterangaben rund 250 Teilnehmern statt. Später verlagerten sich die Proteste in das 15 Kilometer entfernte Nienhagen bei Halberstadt, wo sich am Abend etwa 1200 Rechte zu einem Konzert versammelten.

Zu den Protestaktionen in den beiden Orten hatten Bürgerinitiativen, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und linke Gruppen aufgerufen. Die mit einem Großaufgebot vertretene Polizei zählte insgesamt etwa 300 Teilnehmer. Darunter waren auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht, Innenstaatssekretär Ulf Gundlach (beide CDU) und mehrere Landtagsabgeordnete. Nach Angaben der Polizei verliefen die Proteste und das Konzert störungsfrei.

Der bildungspolitische Verein Miteinander aus Magdeburg sprach dagegen von Pöbeleien der rechten Konzertbesucher gegenüber Journalisten und zwei Körperverletzungen, die angezeigt wurden. Insgesamt sei die Bilanz ernüchternd, sagte der Rechtsextremismus-Experte des Vereins, Torsten Hahnel. Der Strategie des rechten Konzertveranstalters Oliver Malina, solche Art Neonazi-Musikfestivals zu kommerzialisieren und zu legalisieren, hätten die Behörden bisher nichts entgegenzusetzen. »Es gibt keine Idee, wie man damit umgehen kann.«

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