Demokratie mit Verlusten

Grüne Wahlsieger bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, Wahlbeteiligung auf Tiefststand

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wahlbeteiligung allein verlieh den Kommunalwahlen am Wochenende in Schleswig-Holstein ein Attribut des Besonderen: besonders niedrig. Alle Parteien - außer den Grünen - verfehlten ihre Wahlziele.

Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein war so niedrig wie nie zuvor. Lediglich 46,7 Prozent der Wahlberechtigten gingen am verregneten Sonntag an die Urnen. Damit wurde das historische Tief von 2008 (49,4 Prozent) noch einmal unterboten. Das Ergebnis hat es so in die Top Ten der schlechtesten Wahlbeteiligungen Deutschlands gebracht. Das Ergebnis selbst ist weniger spektakulär. Größter Wahlverlierer ist die FDP, auch die LINKE und die Piraten erzielten schlechte Ergebnisse. Größten Grund zur Freude haben die Grünen, die landesweit zulegten.

Die CDU ist aus den Wahlen mit 38,9 Prozent als stärkste Partei hervorgegangen. In elf Landkreisen und zwei kreisfreien Städten hat sie das jeweils beste Resultat erzielt. Nur in Kiel und Lübeck hält die Dominanz der SPD an - die außerdem mit nunmehr 29,8 Prozent ihr historisches Tief der vorangegangenen Wahlen im Jahr 2008 um 3,2 Prozent aufgebessert hat. Das Ziel von SPD-Ministerpräsident Torsten Albig wurde damit allerdings verfehlt: Er wollte landesweit vor der CDU landen und hoffte, die 40-Prozent-Marke knacken zu können.

Dagegen hat der grüne Regierungspartner überall Boden gut gemacht. 13,7 Prozent (plus 3,4 Prozent) hatte die Partei bei Kommunalwahlen im Norden bislang noch nie erreicht. Der dritte Koalitionspartner, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), kam auf 2,9 Prozent und büßte damit 0,1 Prozent ein. Grüne und SPD interpretieren das Wahlergebnis als Zustimmung für ihre Landespolitik und als Rückenwind für die Bundestagswahl. Die FDP kassierte ein Minus von vier Prozent und liegt nur noch bei fünf Prozent. Prozentual die stärksten Einbußen musste die LINKE einstecken. Sie ist zwar weiterhin in allen Kreisen und kreisfreien Städten vertreten, doch von landesweit 6,9 Prozent stürzte sie auf 2,5 Prozent ab. Nur noch in Flensburg, Kiel, Lübeck und im Kreis Segeberg ist sie mit je zwei Abgeordneten in Fraktionsstärke in den Parlamenten vertreten. Ansonsten reicht es nur noch für je einen Sitz und damit auch für eine landesweit schlechtere Ausschusspräsenz.

Geradezu erdrutschartig war der Einbruch der LINKEN in Lübeck, wo der größte Kreisverband zu Hause ist. Die Partei fiel dort von 11,7 im Jahr 2008 auf jetzt 3,9 Prozent. Sie hat offensichtlich durch das aufgekündigte Rot-Rot-Grün-Bündnis an Wählergunst verloren.

Für die FDP folgte dem Ausscheiden aus dem Landesparlament nun ein weiterer Rückschlag. Landessprecher Jens Schulz versuchte die Misere noch schönzureden, indem er auf die Landtagswahl im Vorjahr verwies, bei der die FDP auf lediglich 2,2 Prozent gekommen war. Auch der Hype um die Piraten scheint verflogen. Die Newcomer-Partei schaffte landesweit gerade einmal 1,6 Prozent. Allerdings trat die Piratenpartei nicht flächendeckend an.

Die verschiedenen Wählergemeinschaften kamen auf 4,8 Prozent der Stimmen. In Flensburg etwa büßte die freie Wählergemeinschaft »Wir in Flensburg« (WiF) ihre Rolle als stärkste Kraft ein und fiel von 22,3 auf 15 Prozent. Damit belegte sie den vierten Platz hinter CDU, SPD und SSW.

In Neumünster schaffte es mit der NPD 80 Jahre nach der NSDAP erstmals wieder eine Nazipartei, ins Ratsparlament zu gelangen. Wegen der geringen Wahlbeteiligung und dem Fehlen einer Fünf-Prozent-Klausel reichten dafür gerade einmal 408 Stimmen, die NPD kam auf 1,6 Prozent der Wählerstimmen. In Kiel zog die Wahlalternative Kieler Bürger mit einem Mandat ins Rathaus ein; ihre Liste galt als NPD-Tarnliste aus Rechtsextremisten mit typisch fremdenfeindlichem Programm. Im Kreis Herzogtum Lauenburg und in der Stadt Geesthacht erhielt die rechtsgerichtete Rechtsstaatliche Liga ebenfalls je einen Sitz.

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