nd-aktuell.de / 28.05.2013 / Politik / Seite 13

Peinliche Tradition

Zur Bremer Schaffermahlzeit sollen künftig auch Frauen geladen werden - der Senat allerdings laviert

Alice Bachmann, Bremen
Die Schaffermahlzeit in Bremen ist vermutlich das älteste fortbestehende Brudermahl der Welt, es dient traditionell der Verbindung zwischen der bremischen Schifffahrt und den Kaufleuten. Frauen haben bis heute keinen Zutritt, was man nun auch im Rathaus als unzeitgemäß empfindet. Der LINKEN geht der Vorstoß des rot-grünen Senats aber nicht weit genug.

Bremen ist eine Stadt der Traditionen, allerdings sind - auch aus Sicht des Landtages - durchaus nicht alle erhaltenswert. Zum Beispiel die Einladungspraxis zum sogenannten Schaffermahl, das im Februar im Festsaal des Bremer Rathauses zum 469. Mal zelebriert wurde. Die Schaffermahlzeit gilt als das älteste »Brudermahl« der Welt. Eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit der Betonung auf »Bruder«. Denn hier wie bei einigen anderen traditionellen Bremer Spendengalas werden Frauen nicht zugelassen. Eine Peinlichkeit in dem sich modern gerierenden Bundesland, die sich nicht mehr wiederholen soll.

Soweit jedenfalls besteht Konsens im Bremer Landtag. Das übrigens nicht ganz ohne Druck, stand doch in der breiten Berichterstattung über die 469. Schaffermahlzeit der Protest gegen den Ausschluss von Frauen im Vordergrund. Aber wie lassen sich im dritten Jahrtausend in Bremen Frauen ins Rathaus bringen?

In der Mai-Sitzung des Bremer Landtags stand das Thema auf der Tagesordnung, wurde aber aus Zeitmangel auf die nächste Sitzungsrunde im Juni verschoben. Es liegen zwei Anträge vor. Während die LINKE in der Bremischen Bürgerschaft drei konkrete Maßnahmen fordert, setzt die Regierungskoalition aus SPD und Grünen auf Einsicht. In ihrem Antrag wird die Erwartung formuliert, dass bremische Veranstalter sich auf bremische Werte wie Gleichberechtigung, Modernität und Weltoffenheit besinnen und ihre »Einladungspraxis« dahin gehend verändern. Will sagen: Keine Frauen mehr ausschließen.

Die LINKE vertraut nicht so sehr auf Einsicht und fordert deshalb, dass Senatsmitglieder nur noch an Veranstaltungen teilnehmen, die beiden Geschlechtern offen stehen. Außerdem soll die »Ordnung für die Überlassung von Sälen und Räumen des Rathauses an nichtstaatliche Stellen« analog zum Artikels 2 der Bremer Landesverfassung geändert werden. Dieser Artikel entspricht in etwa dem Antidiskriminierungs-Artikel 3 des Deutschen Grundgesetzes. Zudem fordert die LINKE, die öffentliche Hand soll von ihr organisierte Veranstaltungen grundsätzlich geschlechtergerecht gestalten.

Da trifft sich die Position der LINKEN mit der von Elisabeth Motschmann, der Frauenpolitischen Sprecherin der Bremer CDU-Fraktion. Die will zwar ebenso wie die Koalition im Falle von Traditionsveranstaltungen wie etwa der Schaffermahlzeit auf die Einsicht der Organisatoren vertrauen. Doch Motschmann sieht Geschlechtergerechtigkeit auch als gesamtgesellschaftliches Thema. Im Falle der Schaffermahlzeit nimmt sie eine fast fatalistische Position ein: Tradition solle den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Und Traditionen wandeln sich auch, so Motschmann. Bewegung macht die Politikerin sogar im Falle der Schaffermahlzeit aus: »Die laufen auch nicht mehr in Pluderhosen und Schlapphut herum, wie vor Jahrhunderten!«

Im Übrigen spielt die CDU-Frau den Ball zurück an Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Der habe schließlich das Recht, zwei Gäste vorzuschlagen. Da solle er mal zwei Frauen vorschlagen. Ministerpräsidentinnen gebe es genug.

Bremens Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe begrüßte gegenüber »nd« den Entschließungsantrag der Koalition, obwohl nach ihrem Geschmack die Formulierungen etwas deutlicher hätten ausfallen können. Sie tröstet sich damit, dass Veranstalter den Wortlaut des Koalitionsantrags wohl richtig verstehen werden. Schließlich wüssten sie, mit »wem sie es zu tun haben: mit dem Souverän Bremens nämlich, mit seiner Volksvertretung«. Und, so Hauffe weiter: »Wenn diese etwas ›erwartet‹, dann erwarte ich, dass die Angesprochenen wissen, wo der Hammer hängt.«