Ungewohnt kombiniert

Iván Fischer dirigierte Mozart-Programm im Berliner Konzerthaus

  • Liesel Markowski
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gehört zu den Traditionen im Berliner Konzerthaus, sein Publikum durch besondere Abonnement-Reihen anzulocken und zu überraschen. Mit Erfolg, wie gerade ein Wolfgang Amadeus Mozart gewidmeter Abend bewies. Das vom seit der laufenden Saison amtierenden Chefdirigenten Iván Fischer gestaltete Programm bot in durchaus ungewohnter Kombination Instrumentales und Vokales. Fischer, ein Musiker ungarischer Herkunft, ist offenbar bemüht, viel Gespieltes der großen Meister mit weniger »Gängigem« zu kontrastieren.

So gab es neben Sinfonie und Violinkonzert im ersten Programmteil Vokales mit Chor und Solisten im folgenden. Sozusagen zwei Welten Mozartscher Klangkunst, vorwiegend Stücke aus seiner Salzburger Zeit. Die C-Dur-Sinfonie (KV338) hat gleichsam Signal- und Auftaktcharakter mit ihrem kraftvoll-dynamischem Marschthema des einleitenden Allegros. Dass Mozart sie später in Wien in Riesenbesetzung, unter anderen mit 40 Violinen, zehn Kontrabässen und sechs Fagotten, geboten hat, setzt selbst uns, die wir an voluminösen Orchesterklang gewöhnt sind, in Erstaunen. Fischer betonte dagegen den feinen Charakter dieser Musik durch lockeres, durchsichtiges Spiel, das den Aufbruch-Impuls des Beginns geradezu kammermusikalische Feinheit im folgenden Andante der Streicher entgegensetzte und mit dem Schwung des Finales besiegelte. Eine Mozart-Interpretation in präziser Diktion, sensibel und transparent im nahtlosen Miteinander von Musikern und ihrem Dirigenten.

Sensibilität weiter, ja noch gesteigert beim G-Dur-Violinkonzert (KV 216). Die wunderbare Geigerin Julia Fischer (nicht mit dem Dirigenten verwandt) bezauberte durch die musikantische Grazie ihres ebenmäßigen Spiels. Das subtile Andante in hauchzartem cantablem Pianissimo nach dem temperamentvollen Allegro und das elegant schließende Rondeau in faszinierender Einheit von Klang und Gestus mit dem orchestralen Tutti. Mozart ohne jegliche Starallüren der Interpreten mit bewegender Ausstrahlung: der Höhepunkt dieses Abends.

Weniger aufregend wirkte der zweite Teil des Programms mit Vokalem. Zu hören war Kirchenmusik Mozarts, zum Teil von ihm als Bediensteter am Salzburger Hof des Fürstbischofs Graf Colloredo, einem verknöchertem Herrschertyp, komponiert. Mozart quittierte bekanntlich nach dem sprichwörtlichen Fußtritt des Grafen Arco den Dienst, um als freier Komponist in Wien zu existieren, eine sozial bedingte Entscheidung.

Aus der Salzburger Dienstzeit stammen die »Vesperae solennes de confessore« (KV 339): feierliche Abendgebete, hier wohl erstmalig geboten. Ein liturgienahes Werk, das fünf Psalmen und das Magnificat in lateinischer Sprache zur Lobpreisung Gottes vereint. Uns heute reichlich fern, muss es unbedingt reaktiviert werden? Nun haben die beteiligten Interpreten - neben dem Orchester der wie immer vorzügliche Rias Kammerchor nebst seinen Solisten (Einstudierung: William Spaulding) und die Sopranistin Simona Saturová - sich engagiert dafür eingesetzt: mit beachtlichem orchestralem wie vokalem Klangvolumen und Ausdruck. Leider beeinträchtigte mangelnde Textdeutlichkeit Verständnis und Wirkung. Als feinsinniger Ausgleich führte die kleine, ebenfalls liturgisch orientierte Motette »Ave verum corpus« (KV 618) mit inniger Melodik zum leisen Ende des Abends.

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