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(K)ein Herz für Krimis

Kiezbuchladen zieht um

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Krimibuchhandlung »totsicher« im Prenzlauer Berg zieht aufgrund einer Mieterhöhung Anfang September um. Dem Kiezbuchladen kamen schon vor Jahren die Stammkunden abhanden. Ein Gespräch mit Mitarbeiterin ANTJE GARDELEGEN.

nd: Womit wurde die Mietsteigerung eigentlich begründet?
Gardelegen: Uns hat man erklärt, dass die Winsstraße zu einer attraktiven Geschäftsstraße geworden ist und, das muss ich ehrlich zugeben, wir mit unserer Gewerbemiete noch im mittleren oder unteren Bereich liegen.

Ihr Buchladen hat zu dieser Attraktivität beigetragen und jetzt müssen Sie dafür bezahlen?
Der Vermieter hat ja signalisiert, dass er uns gerne behalten möchte, aber er hat sich eben die Statistiken angesehen und gemerkt, dass er auch mehr pro Quadratmeter verlangen könnte. Gewerbemieten sind in keiner Weise geschützt, da haben wir keine Chance.

Krimibücher, vor allem skandinavischer Autoren, landen regelmäßig auf den Bestsellerlisten ganz oben. Eigentlich müsste ihr Laden doch gut laufen?
Die Wandlung in der Bevölkerungsstruktur spielt eine große Rolle. Viele unserer alten Stammkunden sind in den letzten zwei Jahren weggezogen, weil auch sie sich die Mieten nicht mehr leisten können. Hinzu kommt, dass es mittlerweile an jeder zweiten Ecke einen Buchladen gibt und wir mit dem Onlinehandel nicht mithalten können. Dann liegen wir auch nicht unbedingt an einem Knotenpunkt, der massenweise Laufkundschaft anzieht.

Wer war denn Ihr typischer Stammkunde?
Das sind Kunden, die ein Herz für kleine Kiezläden besitzen. Die es mögen, um die Ecke ihre Bücher zu kaufen und dort auch Zeit zu verbringen. Ein Geschäft, in dem sie sich mit Fragen an uns wenden konnten, Tipps für interessante Lektüre bekommen haben oder einen Kaffee trinken konnten. Sehr wenige haben ihre Bücher online gekauft. Seit immer mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, haben wir den Kundenrückgang deutlich gespürt.

Das heißt, Besitzer einer Eigentumswohnung interessieren sich nicht für den, ob seiner literarischen Qualität oft degradierten Krimi?
Das würde ich so nicht sagen. Das Problem, wenn man es denn überhaupt so nennen kann, ist, dass zunehmend Menschen aus dem Ausland herziehen, die keine Krimis auf Deutsch lesen wollen oder können.

Sie haben aber auch englischsprachige Literatur, wie ich gesehen habe.
Ja, aber das sind alles gebrauchte Bücher. Bei den Neuerscheinungen kommen wir bei den stark schwankenden Preisen gar nicht hinterher.

Haben Sie schon einen anderen Platz für den Laden gefunden?
Wir überlegen, nach Lichtenberg umzuziehen.

Wissen die Kunden schon Bescheid?
Also unseren guten Kunden haben wir das schon gesagt. Die meisten würden auch nach Lichtenberg kommen.

Fragen: Christin Odoj

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