Rassisten raus - Regensburger Wirte bedienen keine Nazis

Initiative »Keine Bedienung für Nazis« seit drei Jahren erfolgreich gegen Rechts

  • Johannes Hartl
  • Lesedauer: 3 Min.
Es begann im Café Picasso: Die Regensburger Initiative »Keine Bedienung für Nazis« wurde im Jahr 2010 von Gastronomen gegründet. Sie findet bundesweit in immer mehr Städten Nachahmer.

Das Café Picasso liegt zentral in der Regensburger Altstadt in einer kleinen Nebenstraße. Der imposante Domplatz ist ebenso wie die Donau zu Fuß nur wenige Minuten entfernt, und regelmäßig kommen Touristen und Reisegruppen an dem Café vorbei. Genau hier begann vor fast drei Jahren mit einer Gewalttat die Geschichte der Initiative »Keine Bedienung für Nazis«.

Nachdem ein Barkeeper des Picasso eine Frau mit Kind gegenüber rassistischen Anfeindungen in Schutz genommen hatte, wurde der Mann wenige Wochen später aus Rache von Neonazis attackiert und niedergeschlagen. Die Nazis zerstörten auch einen Teil der Inneneinrichtung, die übrigen Mitarbeiter des Cafés blieben verängstigt zurück.

Doch nicht lange. Inhaber Sion Israel und seine Mitarbeiter wandten sich an die »Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus«. Mitinitiatorin Helga Hanusa schlug als zivilgesellschaftliches Signal »Schutz, Solidarität und Aufklärung« vor. Das Café Picasso schloss sich gemeinsam mit anderen Regensburgern zu der Initiative »Keine Bedienung für Nazis« zusammen, die andere Wirte aufforderte, einen Aufruf zu unterzeichnen, in dem sie sich deutlich gegen »Intoleranz und Rassismus« aussprechen. Außerdem sollten sie sich verpflichten, Neonazis und Rassisten in ihren Lokalen nicht mehr zu bedienen.

Dem Aufruf folgte nach kurzer Zeit ein Aufkleber mit dem Schriftzug »Rassisten werden hier nicht bedient«. Kneipen- und Restaurantbesitzer sind aufgefordert, diesen an ihre Türen zu kleben, um die Aktion auch für Gäste und Passanten sichtbar zu machen. Mittlerweile beteiligen sich insgesamt 178 Gastronomen an dem Projekt. 118 von ihnen haben Mitinitiator Ludwig Simek zufolge auch den Aufkleber im Eingangsbereich ihres jeweiligen Lokals angebracht.

Tatsächlich haben Gastronomen Neonazis in letzter Zeit häufiger den Zugang zu ihren Lokalen verwehrt. Rassistische Parolen konnten damit aus dem öffentlichen Raum gedrängt werden. Zuletzt scheiterte auf Intervention der Initiative hin etwa ein Treffen der rechtspopulistischen Gruppierung »Pro-Regensburg« in einem Lokal im Landkreis.

Vielen Gästen gefällt die Aktion. Restaurantbesucher loben die Wirte dafür, dass sie sich an der Initiative beteiligen und danken ihnen für das Engagement gegen Rechts. Auch zwei Preise hat »Keine Bedienung für Nazis« bereits erhalten: 2011 verlieh die SPD der Initiative in Regensburg den Hans-Weber-Preis für Demokratie und Toleranz. In diesem Jahr nahm sie den mit 10 000 Euro dotierten Luther-Preis »Das unerschrockene Wort« entgegen. Die Lutherstadt Eisleben würdigte damit das »unmissverständliche Zeichen« und den »Mut« der Initiative. Im Juli folgt ein dritter Preis: Die Bayern-SPD hat den Regensburgern den »Josef-Felder-Preis« zugesagt.

»Keine Bedienung für Nazis« bleibt nicht stehen. Die Initiative wächst stetig, und der Steuerungskreis bespricht alle 14 Tage neue Ideen. So soll nun die von der Initiative herausgegebene Broschüre überarbeitet werden, die den Wirten unter anderem einen Überblick über die lokale Neonazi-Szene bietet. Inzwischen geht es vor allem darum, andere Initiativen bei der Umsetzung ähnlicher Projekte zu unterstützen. Schon jetzt ist die Aktion in anderen Städten wie Landshut, Schwandorf und dem weit entfernten Lübeck erfolgreich umgesetzt, und noch immer kommen viele Anfragen aus anderen Städten und Regionen.

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