nd-aktuell.de / 03.06.2013 / Brandenburg / Seite 14

Autodiebe sind schnell in Polen

95 Beamte arbeiten inzwischen in der Soko Grenze

Rainer Funke
Seit Ende 2010 gibt es die Soko Grenze. Jetzt hat sich die Zahl der Autodiebstähle endlich verringert. Zuvor war die Zahl seit 2007 immer nur gestiegen.

2012 verringerte sich die Zahl der in den 24 märkischen Gemeinden an der Grenze zu Polen geklauten Autos auf 546. Im Jahr 2011 waren es noch 669 gewesen und bis dahin hatte es einen steilen Anstieg beim Autoklau gegeben. Die Aufklärungsquote war auf 14,1 Prozent gesunken - trotz der Ende 2010 gebildeten Soko Grenze, in der Polizei Besondere Aufbau-Organisation (BAO) genannt. Damals hatte die Aufklärungsquote noch bei 19,7 Prozent gelegen.

Man habe seine Hausaufgaben gemacht, arbeite mit höchster Intensität, sagt BAO-Führungsgruppenleiter Timo Lück. Weil oftmals mit der Festnahme eines Täters gleich ein Dutzend Fälle oder mehr aufgeklärt werden, zeichnet die Quote nicht immer ein reales Bild.

Das Sicherheitsgefühl eines erheblichen Teils der Bürger in der Region bleibt arg verletzt. Man hat die Soko inzwischen von 55 auf 95 Beamte aufgestockt, die wiederum von drei Einsatzhundertschaften unterstützt werden. Ausdrücklich wurden die Hundertschaften entlang der Oder stationiert, wo sich Straftäter von diesseits und jenseits des Flusses mehr als anderswo im Bundesland tummeln und deutlich öfter geklaut wird. Kriminalität hat hier besonders günstigen Boden, weil das Zeitfenster zwischen einem Einbruch oder einem Fahrzeugdiebstahl und einer Reaktion durch die Ermittler wegen der nahen Grenze denkbar klein ist. Selbst wenn ein Auto am Berliner Stadtrand oder in einem Städtchen weiter westlich entwendet wird. Oftmals entdeckt man den Fall erst Stunden später, wenn die Täter schon nach Polen entwischt sind. Anno 2007, als die Grenzekontrollen wegfielen, zählte man 178 Autodiebstähle in den 24 Grenzgemeinden, ein Jahr danach bereits 379.

Die Schwierigkeit für die Soko bestehe unter anderem darin, sagt Chef Jens Starigk (42), dass man es in den meisten Fällen mit einer Art Vorstadium der Organisierten Kriminalität zu tun habe. »Das sind hochstrukturierte Banden.«

Oftmals handelt es sich um Männer - manchmal sind auch Frauen dabei - zwischen 18 und 35 Jahre alt, hierarchisch gegliedert und professionell eingeteilt: Einer bricht das Fahrzeug auf und übergibt es einem Kurier, der es über die Grenze zu einem Hehler schafft. Der wiederum vermarktet das inzwischen zerlegte Fahrzeug. Der Bandenboss erteilt die Aufträge, wirbt Kunden. »Über ihn wissen wir am wenigsten, denn er sitzt irgendwo weit in Polen, Litauen, vielleicht in Russland oder in der Ukraine.« Die Täter, die hierzulande erwischt werden, kennen ihren Boss zumeist gar nicht.

Manche Banden arbeiten mit vier oder fünf Mann, andere mit bis zu 30, erklärt Starigk. Gelegentlich leiht man sich untereinander Personal für Beutezüge. Das macht es nicht selten unmöglich, die Tatbeteiligung einer Person zuzuordnen. In anderen Fällen klauen zwei oder drei deutsche Kriminelle Autos, suchen sich vor allem solche aus, die leichter zu knacken sind, ältere Baujahre etwa. Sie wollen für sich selbst Ersatzteile beschaffen oder sie im Internet veräußern. Eine andere Sparte spähe den Tatort aus, etwa, wann welche Mittelklasse-Limousinen wo abgestellt werden, sagt Starigk. Wieder andere haben sich auf hochwertige Fahrzeuge spezialisiert. Die werden gewissermaßen auf Bestellung der Kunden gestohlen. Solche Täter mieten sich in Hotels ein, schauen sich über Wochen diverse Städte und Regionen an und stehlen irgendwann nachts gleich mehrere Fahrzeuge auf einmal.

Mit der Kripo arbeitet die Soko zusammen, setzt verdeckte Ermittler ein, observiert Täter, nutzt GPS-Sender und markiert Autos mit künstlicher DNA. Außerdem kooperiert die Soko mit der polnischen Polizei. Bei Kontrollen werden auch Autofahrer erwischt, die unter Alkohol oder Drogen stehen, darüber hinaus Fahrrad- oder Buntmetalldiebe. Auf diese Weise konnten im vorigen Jahr von der Soko 1020 Täter gestellt werden.

Ob die sinkenden Fallzahlen zum Trend werden, bleibt allerdings offen. Denn eine auskunftsfähige Statistik für die ersten Monate dieses Jahres liegt noch nicht vor. In der Soko ist man aber optimistisch. Das Problem sei identifiziert, es werde bekämpft, man komme voran, meint Führungsgruppenleiter Timo Lück.