nd-aktuell.de / 04.06.2013 / Sport / Seite 19

Zeit für den nächsten Plan

Neue Spieler, neue Fans - RB Leipzig geht offensiv ins offiziell erste Profifußballjahr

Andreas Morbach, Lotte
RB Leipzig schaffte im dritten Anlauf den Sprung in die 3. Fußballliga. Der Weg soll bis in die Bundesliga führen, möglichst mit weniger Stagnation. Doch auf einen Zeitplan will sich Sportdirektor Ralf Rangnick nicht noch einmal festlegen lassen.

Bei aller Erleichterung über den geglückten Aufstieg - auf die etwas ungenaue Vorstellung seiner Person im ländlichen Lotte reagierte Alexander Zorniger erkennbar indigniert. »Ralf Zorniger?«, fragte Leipzigs Cheftrainer leicht empört, nachdem ihm der örtliche Medienbeauftragte einen falschen Vornamen verpasst hatte. Ein kleiner Fauxpas, der vermutlich mit dem prominenteren Herrn zusammenhing, der im selben Moment vor der Leipziger Umkleidekabine in der Sonne stand und über die Zukunft des frischgebackenen Drittligisten nachdachte: RB-Sportdirektor Rangnick, Vorname Ralf.

Der frühere Bundesligatrainer gab sich trotz der erfreulichen Umstände eher dosiert euphorisch. Während der Lärmpegel aus der Spielerkabine in seinem Rücken kontinuierlich anstieg, blieb Rangnicks Mimik unverändert. Leipzigs Sportchef drückte hier eine Hand, legte dort einem Bekannten den Arm um die Schultern, gab sich betont emotionsfrei. Der nach zwei Fehlversuchen endlich vollzogene Abschied aus der Regionalliga? Schön und gut, drückte die Körpersprache des 54-Jährigen aus. Denn: Das soll ja erst der Anfang gewesen sein für das ehrgeizige, wie am Reißbrett entworfene Fußballprojekt.

Seit der Klubgründung vor vier Jahren hat der österreichische Getränkehersteller Red Bull den Verein mit vielen Millionen Euro aufgepeppt. Der Termin, bis zu dem es die Sachsen in die Bundesliga geschafft haben sollen, schwankte in den vergangenen Jahren zwischen 2014 und 2017. Zahlen, die Rangnick in Lotte am liebsten in einem der umliegenden Äcker vergraben hätte. »Bis 2017 sind es noch einige Jahre«, erklärte er bemüht locker, merkte aber zugleich an: »Wir sind schon zwei Jahre in der vierten Liga hängen geblieben. Daran sieht man, dass man nicht so sehr Ziele formulieren, sondern einfach machen sollte.«

Was Rangnick selbst in Zukunft macht, darauf darf man durchaus gespannt sein. In seinem aktuellen Job als doppelter Sportdirektor in Salzburg und Leipzig hat er zwar reichlich Geld zur Verfügung. Andererseits gibt es im deutschen und europäischen Fußball charmantere Aufgaben als sich immer wieder für das gewöhnungsbedürftige Flair seines momentanen Arbeitgebers rechtfertigen zu müssen. Gerade erst musste der bekennende Fan des englischen Fußballs Gerüchte abwiegeln, denen zufolge er bereits dem Everton-Besitzer Bill Kenwright sein Konzept vorgelegt hätte.

Rangnick wies darauf hin, dass er in Leipzig einen Dreijahresvertrag unterschrieben habe, von dem erst ein Jahr verstrichen sei. Zudem rief ihm Maik Walpurgis, Trainer der unterlegenen Sportfreunde Lotte, in Erinnerung: »RB hat Möglichkeiten - die sind bereits erstligatauglich.« Dazu grölten Leipzigs Kicker hinter den Backsteinmauern: »Nie mehr vierte Liga!«. Sie schlenderten anschließend mit Bierflaschen in den Händen zum Mannschaftsbus mit seinem programmatischen Kennzeichen L-RB 4321.

Grund genug für Rangnick, schon Pläne für das - zumindest offiziell - erste RB-Jahr im Profifußball zu schmieden. »Ich gehe davon aus, dass die ersten 14 oder 15 Spieler bei uns bleiben werden. Und nach dem Aufstieg tun wir uns auch bei der Verpflichtung von neuen Spielern leichter«, frohlockte er vorsichtig. Echte Begeisterung kam bei dem Schwaben dagegen auf, als er an die 2500 Fans dachte, die am Wochenende quer durch die Republik in die nordrhein-westfälische Provinz gepilgert waren.

Ein wildes Dutzend Leipziger Anhänger benahm sich zwar in Lotte daneben und musste nach dem Spiel bei der Polizei zur Aufnahme der Personalien antreten. Doch andererseits hat Sportchef Rangnick gerade erkannt: »Zwei Dinge zeichnen unsere Anhänger aus - sie sind nicht gegen den Gegner, und sie sind absolut gewaltfrei.« Sprach’s und wies auf das auch in diesem Bereich vorhandene Wachstumspotenzial hin: »Wir können stolz sein auf diese Fans - und das werden jetzt sicher noch mehr werden.«