Kampf um alte Kleider?

Andreas Voget vom Verband »FairWertung«, der für gemeinnützige Kleidersammlungen steht

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Altkleidersammlungen haben derzeit in Deutschland keinen guten Ruf. Woran liegt das?
Voget: Leider gibt es mittlerweile in jeder Stadt eine große Zahl illegaler, also ungenehmigter Sammelcontainer. Bei diesen Containern kann man oftmals nicht ermitteln, wer dahintersteckt.

Ist das ein Problem?
Ja, hier werden illegale Geschäfte betrieben zu Lasten von seriösen Verbänden und Unternehmen, die ihre Sammlungen angemeldet haben. Das führt insgesamt zu großen Marktverzerrungen. Man rechnet inzwischen, dass mindestens 15 Prozent der in Deutschland gesammelten Kleidung auf diesem Weg verschwinden.

Dann sind Kleidersammlungen ein lukratives Geschäft?
Die Nachfrage nach Secondhandkleidung wächst weltweit. Manche Händler versuchen daher, mit allen möglichen Tricks an die Textilien heranzukommen.

Was bekommt man denn für eine Tonne Kleidung?
Der Marktpreis für eine Tonne unsortierter Altkleider, den ein Sortierbetrieb bezahlt, liegt im Moment zwischen 350 und 450 Euro.

Stehen kommerzielle Sammler mit gemeinnützig sammelnden Organisationen in Konkurrenz?
Ja. Zu den gewerblichen und den gemeinnützigen Sammlern kommen neuerdings auch Kommunen, die in das Geschäft einsteigen und eigene Sammelsysteme aufbauen. Teilweise leiden darunter gemeinnützige Einrichtungen.

Versuchen kommerzielle Sammler noch immer gemeinnützig zu erscheinen, um an Kleidungsspenden heranzukommen?
Ja, die Masche gibt es noch. Dafür werden Logos von Vereinen angemietet. Dann steht auf einem Container zum Beispiel: »Wir unterstützen die Afrikahilfe.« Viele denken, dass dies eine caritative Sammlung sei. Tatsächlich führt das Unternehmen jedoch nur einen bestimmten Geldbetrag an eine Hilfsorganisation ab. Unklar bleibt, was mit der Kleidung passiert. Von dieser Praxis haben wir uns als Zusammenschluss von gemeinnützigen Sammlern abgegrenzt.

Woran erkennt man gemeinnützige Sammlungen?
Die Organisationen sollten vor Ort bekannt sein. Zudem sollte eine Adresse auf dem Container oder bei der angekündigten Haustürsammlung angegeben sein, bei der ein Geber oder eine Geberin nachfragen kann.

Das Angebot an Altkleidern ist derzeit höher als die Nachfrage. Sollte folglich nicht weniger gesammelt werden?
Nein, das sind zwei verschiedene Dinge. In Deutschland werden schätzungsweise 750 000 Tonnen gebrauchte Kleidung im Jahr abgegeben. Das ist mehr, als Kleiderkammern und Sozialprojekte verwerten können. Der Überschuss geht dann an gewerbliche Textilverwerter. Spender sagen oft: »Ich will aber nicht, dass mit meiner Kleidung Geschäfte gemacht werden; die soll doch an die Obdachlosen gehen.« Aber die Menge ist viel höher als der Bedarf. Es ist auch nicht sinnvoll, die alten Sachen einfach in die Mülltonne zu werfen. Wichtig ist allerdings, dass bei gemeinnützigen Sammlungen der Erlös aus dem Weiterverkauf einem sozialen Zweck dient.

Fragen: Stefan Otto

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