Brandenburger Hochwasserlage spitzt sich weiter zu

Höchststände an der Elbe in der Prignitz erwartet / Havelpolder zur Entlastung geflutet

  • Gudrun Janicke
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Brandenburger Hochwasserregion entlang der Elbe spitzte sich die Lage am Sonntag weiter zu. Neuralgischer Punkt war weiter die Elbe, die einen Hochstand von 7,77 Meter erreichte. Tendenz: weiter steigend. Zur Entlastung der Deiche wurden am Nachmittag Polder in der Nähe der Kleinstadt Wittenberge geflutet.

An zwei Stellen streift die Elbe das Land Brandenburg: im Süden im Landkreis Elbe-Elster und in der Prignitz im Nordwesten. In der Stadt Mühlberg (Elbe-Elster) sanken zwar die Pegelstände weiter, flussaufwärts in Wittenberge (Prignitz) war das keinesfalls in Sicht. Ein Höchststand wird erst Mitte der Woche erwartet. An Spree und Schwarzer Elster kann langsam aufgeatmet werden.

Am Samstagabend waren die Bewohner der südlichen Wittenberger Stadtteile aufgerufen worden, freiwillig Wohnungen und Häuser im Interesse der eigenen Sicherheit zu verlassen.

Um 14.30 Uhr wurden die Wehre zu den Havelpoldern geöffnet. Die Flächen liegen etwa 30 Kilometer vor Wittenberge bei Neuwerben. Sie können etwa 250 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. »Diese Möglichkeit ist bundesweit einmalig«, sagte Umweltministerin Anita Tack (LINKE). Der Pegelstand war seit Sonntagmorgen um zehn Zentimeter gestiegen. Beim »Jahrhunderthochwasser« 2002 lag der Höchststand bei 7,34 Meter. Bis Dienstag sollen es 8,10 Meter sein.

Etwa 80 Prozent der rund 4230 Einwohner von Mühlberg hatten bereits am Freitag nach dem Katastrophenalarm ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Die Stadt war am Wochenende fast menschenleer. »Das Wasser sinkt zwar kontinuierlich, doch die Gefahr ist noch nicht gebannt«, sagte der Sprecher des Lagezentrums des Landkreises, Torsten Hoffgaard, auf Anfrage. Einen Termin für die Rückkehr der Bewohner gebe noch nicht. Erst bei einem Pegelstand von etwa 8,50 Meter sei an die Aufhebung des Alarms zu denken.

Die meisten Mühlberger verbrachten das Wochenende bei Verwandten oder Freunden. Rund 100 Personen wurden in Altersheimen, Notunterkünften und Pflegeeinrichtungen unterbracht. »Es kommt kein Unbefugter in die Stadt«, sagte Polizeisprecherin Ines Filohn. Viele Einwohner hätten Angst um ihr zurückgelassenes Eigentum. Den Höchststand zeigte die Elbe in der Stadt am Freitag mit 9,88 Meter - gut dreimal so hoch wie an normalen Tagen. Am Sonntagvormittag waren es etwa 9,17 Meter.

In der Hochwasser-Region in Brandenburg waren hunderte Feuerwehrleute sowie Kräfte von Hilfsorganisationen, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr und Landespolizei im Einsatz. Sie stabilisierten vor allem die Deiche. Bislang wurden fast 1,9 Millionen Sandsäcke sowie Folien zur Deichabdichtung beim Landeskatastrophenschutzlager Beeskow angefordert.

Der Deutsche Feuerwehrverbands-Präsident Hans-Peter Kröger forderte indes von Katastrophen-Touristen Mithilfe. Einsatzleiter könnten jede mindestens 16 Jahre alte Person zum Anpacken verpflichten, sagte Kröger. Auch Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke drohte »Hochwasser-Gaffern« mit der Polizei. sollten sie nicht verschwinden.

Das DRK Brandenburg hilft unterdessen bei der Suche nach Vermissten. Über die zentrale Rufnummer 08000 365 000 werden Anfragen angenommen. (dpa)

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