nd-aktuell.de / 21.06.2013 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Brüssel nimmt Deutsche Bahn aufs Korn

EU droht Bund wegen Quersubventionierung / Vorgehen auch gegen unerlaubte Preisabsprachen

Die EU kritisiert Rechtsverstöße im deutschen Bahnsektor. Subventionierte Tochterfirmen der DB sollen Gewinne an den Konzern abgeführt haben. Brüssel kündigt ein juristisches Vorgehen an.

Brüssel (AFP/dpa/nd). Die EU-Kommission hat der Bundesregierung wegen der Finanzstrukturen bei der Deutschen Bahn mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht. Die Behörde sende Deutschland ein Aufforderungsschreiben, für dessen Beantwortung zwei Monate Zeit blieben, hieß es gestern in Brüssel. »Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen oder die Einhaltung des EU-Rechts nicht hinreichend nachgewiesen, kann die Kommission den Gerichtshof mit dem Fall befassen«, erklärte die Kommission.

Es geht um die finanziellen Verhältnisse zwischen dem Mutterkonzern Deutsche Bahn und Tochtergesellschaften, die sich etwa um die Infrastruktur kümmern wie die DB Netz und die DB Energie, oder auch die DB Regio für den Regionalverkehr. Diese Töchter müssen laut EU Gewinne an den Mutterkonzern abführen, sie werden aber zugleich zumindest teilweise aus Steuermitteln finanziert, weil die Bahn für das Schienennetz Geld vom Staat erhält. »Das Verbot der Übertragung öffentlicher Mittel vom Infrastrukturbetrieb auf die Verkehrsleistungssparte (oder umgekehrt) wird damit missachtet«, moniert Brüssel.

Dass der Staat die Infrastruktur oder den öffentlichen Nahverkehr bezuschusst, ist also an sich in Ordnung. Bei der Deutschen Bahn aber kann das Geld über die Holding, so der Vorwurf, in andere Bereiche wandern und damit auch zur »Quersubventionierung kommerzieller Schienenverkehrsdienste« dienen. Auf diese Weise könnte die Bahn ihre Position beim Personenfernverkehr, wo sie im Wettbewerb mit anderen Firmen steht, durch Subventionen auf unfaire Weise stärken. Die Kommission fordert, dass diese Möglichkeit in der Finanzstruktur des Konzerns verbaut wird. Ebenfalls müsse die Rechnungsführung von Infrastruktur- und Verkehrsbereich klar getrennt werden.

In mehreren Ländern hat die EU-Kommission zudem die Büros von Bahnspeditionen durchsuchen lassen. Darunter auch die DB Schenker Logistics. Es gebe den Verdacht, dass diese Firmen gegen EU-Recht verstoßen haben, etwa durch Preisabsprachen oder die Aufteilung des Marktes. Das teilte die EU-Kommission mit. Es drohen Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes.

Namen der betroffenen Firmen nannte die EU-Behörde nicht. Ein Sprecher der Deutschen Bahn in Berlin bestätigte aber, dass es eine unangemeldete Inspektion bei DB Schenker Logistics in Wien und Athen gegeben habe. »Wir unterstützen die Behörden«, sagte der Sprecher. Die Brüsseler Kartellwächter ermitteln nach eigenen Angaben gegen Zulieferer auf Strecken nach Südeuropa, die Waren mit Blockzügen versenden - also Zügen, die vom Verlade- zum Entladepunkt als Einheit ohne Zwischenhalte verkehren. Laut EU-Kommission sagen die Razzien noch nichts über die tatsächliche Schuld der Unternehmen aus.