nd-aktuell.de / 25.06.2013 / Politik / Seite 8

Präsident Zeman will eine Expertenregierung

Votum im tschechischen Parlament ist offen

Jindra Kolar, Prag
Tschechiens Staatspräsident Zeman hat sich für eine Expertenregierung ausgesprochen, die das Land nach dem Rücktritt von Premier Necas bis zu den nächsten Wahlen führen soll. ODS-Kandidatin Nemcova hat für diesen Fall bereits abgesagt. Ihr Regierungspartner TOP09 und linke Parteien wünschen vorgezogene Neuwahlen.

Der tschechische Staatspräsident will eine schnelle Lösung der gegenwärtigen Regierungskrise. Die kann laut Milos Zeman aber nicht in einer Fortsetzung des bisherigen Kabinetts unter einem neuen Vorsitz bestehen. Vielmehr soll eine Expertenregierung die Geschäfte bis zu den kommenden Wahlen führen. Der Präsident betonte, dass die Ernennung einer solchen Regierung nicht im Widerspruch zur Verfassung stehe. Ob sie allerdings bis zu den regulären Wahlen im Frühjahr nächsten Jahres amtiert oder nur bis zu vorgezogenen Neuwahlen, hängt wesentlich vom Verhalten der Parlamentarier ab.

Nicht nur die oppositionellen Sozialdemokraten und Kommunisten, auch die Regierungspartei TOP09 von Außenminister Karel Schwarzenberg wünschen eine vorzeitige Auflösung des Abgeordnetenhauses und vorgezogene Neuwahlen. Die stärkste Koalitionskraft, die Demokratische Bürgerpartei (ODS), enthält sich bislang einer Stellungnahme. Lediglich die von der ODS als neue Premierministerin vorgeschlagene Miroslava Nemcova erklärte, für den Vorsitz einer Expertenregierung stehe sie nicht zur Verfügung.

Hingegen könnte laut Beobachtern der frühere sozialdemokratische Finanzminister Jiri Rusnok in die engere Wahl fallen. Doch gibt es aus der Kanzlei Zemans keine Bestätigung des Namens, andere mögliche Kandidaten werden ebenfalls nicht gehandelt. Klar ist nur die Überzeugung des Staatspräsidenten, dass mit dem gegenwärtigen Kabinett eine Fortführung der tschechischen Politik nicht denkbar sei. Es habe ein System der Korruption und Vetternwirtschaft geherrscht, an dem mehr oder weniger alle Kabinettsmitglieder beteiligt gewesen seien, meint Zeman. Daher könnten jene, die die gegenwärtige Krise des Landes verschuldet haben, nicht weiter politische Verantwortung tragen.

Zeman war zur ersten direkten Präsidentenwahl in Tschechien mit dem Versprechen angetreten, die Necas-Regierung zu stoppen. Dies habe sich nun erfüllt, war aus der Umgebung des ehemaligen Sozialdemokreten zu hören. Zeman soll sich in seiner polternden, volkstümlichen Art zufrieden über den Gang der Dinge gezeigt haben, wurde aus dem Sommersitz Lany kolportiert. Im Verlaufe des Dienstags werde der Präsident seine Personalentscheidung mitteilen, hieß es offiziell aus der Kanzlei Zemans. Doch dürfte es eine Expertenregierung im Abgeordnetenhaus schwer haben. Beobachter rechnen mit einem baldigen Misstrauensvotum und letztlich doch mit einer Selbstauflösung des Parlaments. Dann sollten in drei Monaten Neuwahlen anstehen.