nd-aktuell.de / 11.07.2013 / Politik / Seite 13

Urlauber ja - Flüchtlinge nein

Ressentiments gegen Asylbewerber auf Sylt

Dieter Hanisch, Westerland
Die Nordseeinsel Sylt ist eigentlich Inbegriff für Entspannung und Urlaub. Doch wenn es um Asylbewerber geht, weht dort schnell ein anderer Wind.

Sylt lebt inzwischen ganzjährig vom Tourismus. Besonders die Schickeria und die High Society aus Wirtschaft, Sport, Politik, Kunst und Kultur lassen es sich auf der Nordseeinsel gut gehen - Prinzip: Sehen und gesehen werden. Eigentlich ist jeder Gast und Urlauber den Insulanern recht, doch es gibt Ausnahmen: Für Flüchtlinge jedenfalls gibt es auf Sylt nicht automatisch ein freundliches Willkommen.

In Keitum sind jetzt offen Ressentiments gegen Asylbewerber ausgesprochen worden. Sylts parteilose Bürgermeisterin Petra Reiber zeigte sich erschüttert: »Ich dachte, wir wären schon weiter.« Am Pranger steht die 31-jährige Inka Ankiz. Sie hat Teile ihres Hauses für die Gemeinde bereitgestellt, die dort nach Rücksprache mit dem in Ausländerfragen zuständigen Kreis Nordfriesland sechs Asylsuchende aus Afghanistan einquartiert. Nicht einmal anonym, sondern offen mit der Telefonnummer des Absenders landeten diverse SMS mit Drohcharakter auf dem Handy von Inka Ankiz. Ersichtlich war, dass die Beschimpfungen und Anfeindungen aus der unmittelbaren Nachbarschaft kamen.

Derzeit sind insgesamt 18 Flüchtlinge auf der Insel untergebracht, weitere sollen wegen des zuletzt verstärkten Zuzugs folgen. Zwischen Januar und Ende Juni 2013 wurden in Schleswig-Holstein insgesamt 1516 Flüchtlinge neu aufgenommen, rund 96 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Sylter Kunstmaler Peter Klint hat nach dem bekannt gewordenen Keitumer Vorfall spontan ein Solidaritätsfußballspiel organisiert. Bei dem Kick standen sich Einheimische und Flüchtlinge auf dem Sportplatz der Dänischen Schule in Keitum gegenüber. »Das Rezept, den Rechtsaußen ins Abseits laufen zu lassen, ist aufgegangen«, kommentierte Klint die Aktion, die über 100 Insulaner anlockte. Er will auch künftig den Kontakt zu den Asylbewerbern aufrechterhalten und hat zu Sachspenden für den Personenkreis aufgerufen.

Mittlerweile hat auch die NPD in Schleswig-Holstein das Thema für ihre Hetztiraden entdeckt. Da die Insulaner mit niedrigem und mittlerem Auskommen ebenfalls Probleme mit erhöhten Immobilien- und Mietpreisen sowie gestiegenen Energiekosten haben, sind Stammtischdebatten und Neiddiskussionen ganz schnell angezettelt.

Gerade die Insel-Gastronomie rühmt sich ob ihres internationalen Flairs. Auch die dortigen Wirte freuen sich in der Regel über Personal aus den Reihen von Immi-granten, die mit einer entsprechenden Arbeitserlaubnis ausgestattet sind. Doch von Letzteren kamen in der Vergangenheit immer wieder Klagen, dass ihnen keine würdigen Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wurden.