Polens »Großer Bruder« hält sein Wort

Wojsko Polskie versichert den USA Treue

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Titel einer Topmeldung im Internet versprach Polens Bürgern viel: »Amerika hält sein Wort«. Allerdings ging es nicht um die heiß ersehnte Aufhebung des Visazwangs für Reisen zum »Großen Bruder«.

Inhaltlich war die Spitzennachricht abermals enttäuschend. Nicht die erwartete und längst fällige Aufhebung der Visumspflicht für polnische USA-Reisende wurde da verkündet. Stattdessen erfuhren die Leser, dass ab Januar 2015 ein polnischer General den Befehl über die NATO-Sondereinheiten (Special Operations Command) übernehmen wird. Diese Einheiten - so informierte Oberst Jerzy Gut - seien Bestandteil der NATO Response Force (NRF), also der Eingreiftruppe des Militärpakts für »Krisensituationen«. Damit sei bewiesen, so hieß es, dass die USA ihr Wort halten.

Bereits 2009 war den polnischen Streitkräften diese Ehre von ihrem »wichtigsten strategischen Partner«, den USA, zugesagt worden. Polnische Elitetruppen hatten sich nämlich an allen Fronten in Irak und in Afghanistan bewährt und Inspektoren der USA und der NATO seien mit der Vorbereitung der Soldaten auf neue Aufgaben zufrieden gewesen. Oberst Gut betonte, die auf das Wojsko Polskie zukommende Aufgabe stelle eine »große Herausforderung« dar, sei aber zugleich auch eine Auszeichnung für das Land.

Zu eben diesem Thema erschien in der linken Wochenzeitung »NIE« ein Text über das »Kämpferische Polen«. Zwar werde die ISAF-Mission in Afghanistan am 31. Dezember 2014 zu Ende gehen, aber auf Bitten der USA soll der afghanische Präsident die Beibehaltung von neun Stützpunkten mit 10 000 Soldaten für Ausbildungszwecke genehmigt haben. Die neue »Mission« soll den Codenamen »Unerschütterliche Unterstützung« tragen. Gerade heißt es zwar in US-amerikanischen Medien, Präsident Barack Obama erwäge aus Verärgerung über Hamid Karsai einen schnelleren Abzug der Soldaten vom Hindukusch, auch ein vollständiger Rückzug bis Ende 2014 sei im Gespräch, doch das halten Experten für einen großen Bluff. Die deutsche Bundeswehr plane jedenfalls, 800 Ausbilder in Afghanistan zu belassen, und Polen - davon ist nicht nur der Autor des »NIE«-Textes überzeugt, werde wohl nicht nachstehen wollen.

So treu und loyal wie Polen seinem »Großen Bruder« bisher war, so werde es das auch in Zukunft sein, versicherte auch der amtierende Befehlshaber des polnischen Kontingents in Afghanistan, General Marek Tomaszycki. »Im militärischen Sinne haben wir einen vollen Erfolg errungen«, brüstete er sich und seine Truppe, »allmählich nähern wir uns dem Ende der bisherigen Mission.«

Doch gibt es da mindestens einen Haken. In der Nationalen Afghanischen Armee, die schon jetzt eigenständig für die Sicherheit ihres Landes verantwortlich sein soll, mehren sich nämlich Fälle von Fahnenflucht. Sogar auserlesene afghanische Soldaten, die im NATO-Ausbildungszentrum im polnischen Bydgoszcz für ihre künftige Rolle als Spezialisten geschult werden, desertieren in den Westen und stellen dort Asylanträge.

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