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Musterschüler auch beim Bremsen

Sachsens Landtag beschließt Schuldenverbot / LINKE mit gespaltener Haltung zur Schuldenbremse

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Sachsen ist 2014 das erste Bundesland, in dem eine Schuldenbremse in Kraft tritt. Der Landtag ebnete dafür den Weg. In der Linksfraktion gab es so viele Kritiker wie Befürworter.

Der Musterschüler legt mal wieder vor. Sachsen, das sich in finanzpolitischer Hinsicht seit jeher gern als »Übererfüller« profiliert, wird das erste Bundesland sein, in dem eine Schuldenbremse in Kraft tritt. Bereits ab 1. Januar 2014 - und damit sechs Jahre früher als durch das Grundgesetz vorgeschrieben - darf das Land nur noch in wenigen Ausnahmefällen Kredite aufnehmen. Das beschlossen die Abgeordneten des Landtages gestern mit der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Der Beschluss kommt gut fünf Monate, nachdem sich die Vorsitzenden der Fraktionen von CDU, LINKE, SPD, FDP und Grünen am 1. Februar auf einen Kompromiss geeinigt hatten. Vorangegangen waren langwierige Gespräche, von denen nur die NPD ausgeschlossen blieb. Entsprechend dieser Einigung gibt es in Sachsen auch künftig einige Fälle, in denen die Kreditaufnahme erlaubt bleibt. Neben Naturkatastrophen sind das tiefe Konjunkturdellen. In die Verfassung aufgenommen wurde auch eine Klausel zum Schutz der Kommunen, die anderenfalls gefürchtet hatten, das Land könne seine weiße Weste in Sachen Schulden auf ihre Kosten erhalten. Zudem wurde der soziale Ausgleich als zusätzliches Prinzip der Haushaltsaufstellung festgeschrieben.

Vor der Abstimmung, bei der 102 von 128 anwesenden Abgeordneten und also deutlich mehr als die nötigen 88 mit Ja stimmten, lobten die Beteiligten vor allem die Art und Weise, in der die Verfassungsänderung zustande kam. CDU-Fraktionschef Steffen Flath sprach von einer »Sternstunde in der sächsischen Parlamentsgeschichte«, sein SPD-Kollege Martin Dulig erklärte, er sei »stolz, dass die Opposition Teil der Veränderung war«. Für die LINKE beteuerte ihr Fraktionschef Rico Gebhardt, seine Fraktion habe sich »aus Überzeugung« in die Gespräche begeben.

Die erste Änderung der Verfassung in 21 Jahren stieß freilich zwar am Ende bei den Genossen auf mehr Zustimmung als das ursprüngliche Dokument: 1992 hatte die damalige PDS / Linke Liste gegen die Verfassung votiert, gestern gab es aus der Fraktion, in der das Abstimmungsverhalten freigegeben worden war, immerhin elf Ja-Stimmen. Genauso viele Abgeordnete aber votierten mit Nein, zudem gab es fünf Enthaltungen. Daneben lehnten nur Ex-Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) und der Grüne Johannes Lichdi die Aufnahme der Schuldenbremse ab. Weitere sieben Enthaltungen kamen von der NPD.

Das Abstimmungsbild bei der LINKEN zeigt, wie stark die Partei in der Frage auch nach fünf eigens einberufenen Regionalkonferenzen gespalten ist. Bereits im Februar hatte ein Kleiner Parteitag die Fraktion aufgefordert, sich an der Erarbeitung des konkreten Gesetzes nicht mehr zu beteiligen. Vorangegangen war teils heftige Kritik auch aus anderen Landesverbänden und dem Bund. Die Schuldenbremse gilt vielen Genossen als rotes Tuch. Überzeugen ließen sich viele auch nicht von der Position der sächsischen Unterhändler, die gestern Klaus Bartl noch einmal auf den Punkt brachte. Die Schuldenbremse sei demnach zwar ein »neoliberales Instrument«, man habe aber die »Möglichkeit ihrer Modifizierung« nutzen wollen.

Dem folgte am Ende nur gut ein Drittel der Fraktion, darunter ihr Chef Rico Gebhardt, der von der »schwierigsten politischen Entscheidung meines Lebens« sprach und erklärte, die LINKE habe in der Debatte um Pro und Contra »den größten kulturellen Kraftakt zu stemmen« gehabt.

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