Die Affäre »Bommeleeër«

Eine Serie von Bombenanschlägen in der 80er Jahren ist bis heute nicht aufgeklärt

  • Lesedauer: 2 Min.
Die sogenannte Bombenlegeraffäre war nicht der unmittelbare Anlass der luxemburgischen Regierungskrise. In den 80er Jahren, als das kleine Land eine Serie von Anschlägen erlebte, war Juncker noch nicht im Amt. Aber auch in diesem Fall fiel ein Verdacht auf den Geheimdienst.

Vor fast 30 Jahren erschütterte eine mysteriöse Serie von Anschlägen das Großherzogtum Luxemburg. Rund 20 Sprengstoffexplosionen verursachten zwischen Mai 1985 und März 1986 Millionenschäden, mindestens drei Menschen wurden verletzt. Bomben detonierten unter anderem während eines EG-Gipfels vor dem Konferenzzentrum, am Verlagsgebäude der Tageszeitung »Luxemburger Wort«, am Justizpalast, auf dem Flughafen und an mehreren Strommasten des Landes.

Lange tappte die luxemburgische Gendarmerie bei der Suche nach den Tätern in der Bombenlegeraffäre (luxemburgisch: »Affaire Bommeleeër«) im Dunkeln. Früh wurde allerdings der Verdacht laut, Mitarbeiter des Sicherheitsapparats selbst seien in die Taten verwickelt. Als Hauptverdächtige wurden Polizisten und der Geheimdienst Srel genannt.

Erst im vergangenen Februar - 27 Jahre nach der letzten Explosion - begann die juristische Aufarbeitung der Affäre. Zwei ehemalige Polizisten der »Brigade mobile de la Gendarmerie« (BMG), einer Spezialeinheit, müssen sich seither vor der Kriminalkammer des Bezirksgerichts Luxemburg verantworten. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf versuchten Mord, Körperverletzung und Brandstiftung.

Laut Darstellung der Staatsanwaltschaft wollten die Gendarmen seinerzeit mit ihren Anschlägen zeigen, dass die luxemburgischen Sicherheitskräfte zu schlecht ausgerüstet und organisiert waren.

Die Verteidigung sieht ihre Mandanten dagegen als Bauernopfer und vermutet das geheime NATO-Netzwerk »Stay behind« im Hintergrund. In Italien als »Gladio« bekannt, sollte diese NATO-Organisation nach offizieller Darstellung bei einem Überfall durch die Sowjetunion den bewaffneten Widerstand organisieren. Verteidiger Gaston Vogel erklärte: »Der ›Stay behind‹ hieß in Italien ›Gladio‹ und in Luxemburg hieß er ›Plan‹. Warum sollte der ›Plan‹ tugendhafter sein als der ›Gladio‹? Man sagte, die Europäer sind nicht vorbereitet auf diesen Angriff, deshalb müssen wir sie terrorisieren, damit sie zu sich kommen. Das ist die Ideologie, das steht in allen Büchern und das steht in allen Dokumenten.«

Dass es eine »Stay behind«-Sondereinheit auch in Luxemburg gab, bestätigte Junckers Vorgänger im Regierungsamt, der spätere Präsident der EU-Kommission Jacques Santer. Doch bestreitet Santer ebenso wie der ehemalige Geheimdienstchef Charles Hoffmann, dass »Stay behind« etwas mit den ominösen Bombenlegern zu tun hatte.

Darüber hinaus geht das Gerücht, ein Zeuge habe den Luxemburger Prinzen Jean in den 80er Jahren bei einem Bombenanschlag beobachtet. Der Prinz bestreitet das natürlich.

Die Verteidigung der beiden Angeklagten hat jedenfalls beantragt, auch Jean-Claude Juncker und Mitglieder der großherzoglichen Familie als Zeugen im Prozess zu laden, der erst im Herbst fortgesetzt werden soll. nd/agenturen

nd-Karte: Wolfgang Wegener

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