Neue Produkte - aber ohne Garantiezins

Lebensversicherungen

  • Lesedauer: 3 Min.
Knapp 94 Millionen Lebensversicherungen bestehen in Deutschland. Seit Generationen entscheiden sich viele Verbraucher für den Klassiker in der Altersvorsorge. Doch die niedrigen Zinsen an den Finanzmärkten machen das Geschäft schwierig. Seit Jahren sinkt auch der Garantiezins.

Anfang des Monats stellte Deutschlands größter Versicherer, die Allianz, eine neue Lebensversicherungspolice vor, ohne Garantiezins.

Wie funktioniert eine Lebensversicherung?

Es gibt verschiedene Arten. Die Risikolebensversicherung dient der finanziellen Absicherung von Hinterbliebenen für einen Todesfall. Mit der Kapitallebensversicherung wird für den Todesfall vorgesorgt, zugleich auch für die Altersversorgung. Es gibt eine Anspar- und Auszahlungsphase, ab deren Eintritt im Alter die mit regelmäßigen Zahlungen angesparten Beiträge ausgeschüttet werden. Für viele Kapitallebensversicherungen werden nach Ende der Ansparphase eine bestimmte Summe und bestimmte regelmäßige Auszahlungen garantiert.

Was ist der Garantiezins?

Viele Verbraucher entschieden sich in der Vergangenheit für Kapitallebensversicherungen, für die die Versicherer eine Art Mindestverzinsung garantierten: den sogenannten Höchstrechnungszins, umgangssprachlich Garantiezins. Der wird vom Bundesfinanzministerium festgelegt. Für neue Versicherungsverträge beläuft er sich momentan auf 1,75 Prozent. Wer etwa in den 90er Jahren eine Lebensversicherung abschloss, erhielt nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) jahrelang vier Prozent. Seit 2000 geht es beständig bergab.

Bei Lebensversicherungen mit Garantiezins bildet dieser nur einen Teil der Gesamtverzinsung, den die Versicherer zahlen. Um den Garantiezins zu erwirtschaften, müssen sie das Geld der Verbraucher nach bestimmten Vorgaben anlegen. Sie investieren nur in besonders sichere Wertpapiere, wie etwa Anleihen krisenfester Staaten. Zum Garantiezins kommen zusätzliche Renditen, wenn Versicherer das Geld der Versicherten besonders gut angelegt haben. Da die Zinsen für Anleihen krisenfester Staaten aber zurückgehen, schrumpfen sowohl Garantiezins als auch Überschussbeteiligung.

Wie reagieren die Konzerne?

Allianz bietet eine neue Lebensversicherung ohne Garantiezins an, die nur die angesparte Summe und eine bestimmte Mindestrente garantiert. Die Gesamtverzinsung ist dennoch ähnlich wie bei der klassischen Lebensversicherung. Auch Konkurrent Ergo bietet neue Produkte, etwa eine Lebensversicherung, die keine Mindestverzinsung verspricht, sondern nur den Erhalt des eingezahlten Kapitals - also null Prozent Zinsen. Zudem bietet Ergo eine fondsgebundene Rentenversicherung ohne Beitragsgarantie - sie garantiert dem Versicherten somit nicht einmal, die eingezahlten Beitrage komplett zurückzuerhalten.

Sind Lebensversicherungen für Verbraucher noch attraktiv?

Die Versicherer sagen ja: Sie müssen so weniger Geld zur Sicherung von Beitragsgarantien und Mindestverzinsung zurücklegen, können höhere Risiken eingehen und hoffen auf höhere Renditen - auch für die Versicherten. Verbraucherschützer aber stehen den klassischen Lebensversicherungen skeptisch gegenüber. »Wir raten von Kapitallebensversicherungen eher ab«, sagt Rita Reichard von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Es fließe zu viel Geld in Abschluss- und Verwaltungskosten sowie in den Risikoanteil, so dass der Sparanteil auf der Strecke bleibe.

Ist es sinnvoll, alte Verträge zu kündigen?

In vielen Fällen nicht, besonders bei Verträgen vor 2005. Dann sind Auszahlungen im Alter noch steuerfrei, wenn der Vertrag mindestens 12 Jahre bestanden hat, sagt Reichard. Zudem war der Garantiezins höher. Eine Kündigung sei immer mit Verlusten verbunden. AFP/nd

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