Undercover bei den Ökos

»The East«

  • Alexandra Exter
  • Lesedauer: 2 Min.

In »The East« funktioniert das Ausspionieren der Geheimnisse anderer noch ganz traditionell: durch das Einschleusen einer vorgeblich vertrauenswürdigen Mitstreiterin in die beobachtete Gruppe. Was - jedenfalls für die Gruppe - gegenüber dem anonymen Anzapfen digitaler Kommunikation durch Dritte den Vorteil hat, dass ein Agent sich im Glücksfalle umdrehen und für die eigene Sache begeistern lässt. Jane alias Sarah (Brit Marling, zusammen mit Regisseur Zal Batmanglij auch Ko-Autorin des Films) ist eine solche Agentin, Ex-FBI und jüngst von einer privaten Sicherheitsfirma beauftragt, eine Gruppe von Ökoaktivisten um den messianischen Benji (Alexander Skarsgård) auszuspionieren.

Deren Modus Operandi besteht darin, ungesetzlich handelnde Konzerne mit genau den Mitteln zu bekämpfen, mit denen die Konzerne dem Rest der Menschheit schaden. Das Medikament XY hat keinerlei schädliche Nebenwirkungen auf Mensch oder Umwelt, behauptet Konzern Z? Warum also nicht die Konzernleitung zu Versuchskaninchen machen und ihnen das besagte Medikament in den Cocktail mischen? In den Augen der Konzerne (und von Sicherheitsfirmen-Chefin Sharon, von Patricia Clarkson ganz entgegen ihrer Ansichten im wirklichen Leben mit eisiger Effizienz und völlig moralfreiem Geschäftssinn umwerfend gespielt) macht das die Aktivisten zu schlichten Terroristen, Öko oder nicht Öko.

Sarah, der Gruppe und ihrer Ideologie von der Einschleusung an alltäglich ausgesetzt, beginnt die Sache natürlich bald ganz anders zu sehen. Technisch mögen deren Aktionen kriminell sein, moralisch sind sie nichts als Akte ausgleichender Gerechtigkeit. Alttestamentarisch gewalttätig allerdings: Auge um Auge, Zahn um Zahn - und von einer Gruppe ausgeführt, die nicht nur zusammen lebt, isst (»freegan«, natürlich!) und plant, sondern auch organisiert ist wie eine Sekte. Dem Film hat das die kritischen Vorwürfe eingebracht, dass er die gelebte Realität solcher Gruppierungen nicht nur mit Blick auf ihr erklärtes Ziel verfälsche, sondern auch im Hinblick auf ihre typische Organisationsstruktur.

Wo meist Sachbeschädigung und Tierbefreiungen die Grenze dessen darstellen, was an juristisch verwertbaren Aktionen als inhaltlich legitimiert gilt, schreckt »The East« auch vor Personenschaden nicht zurück. Und statt eines basisdemokratischen Abstimmungsprozesses gilt innerhalb der Gruppe das Führerprinzip: Benji bestimmt und Benji tauft (!) neue Mitglieder im nächsten See. Weshalb Sarah/Jane sich denn auch bald in der Situation wiederfindet, ganz aktiv und für sich selbst entscheiden zu müssen, wer hier das größere Unrecht tut, ihre moralfreien Auftraggeber oder die neuen Kumpels mit ihrer expliziten Lynchjustiz. Und natürlich: welcher der Männer in ihrem Leben der interessantere ist, Sarahs Benji oder Janes Freund Tim, dem sie zu Beginn des Einsatzes vorgaukelte, sie müsse mal eben geschäftlich nach Dubai.

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