nd-aktuell.de / 18.07.2013 / Politik / Seite 4

Brudermord

Siegfried Kauder soll seinem Bruder Volker zufolge aus der CDU geworfen werden

Streitigkeiten unter Brüdern gehören seit Jahrtausenden zur Menschheitsgeschichte: Laut Altem Testament erschlug Kain seinen Bruder Abel, weil Gott dessen Opfergaben mehr Beachtung schenkte. Romulus tötete kurzerhand seinen Bruder Remus, da dieser die noch niedrigen Mauern der erst neu gegründeten Stadt Rom aus Respektlosigkeit übersprang. Zum Brudermord zwischen Volker und Siegfried Kauder reicht es bisher noch nicht, wohl aber zum Begräbnis einer politischen Karriere.

Nachdem Siegfried durch eine seiner Darstellung zufolge »unchristliche Trickserei« von seinem heimatlichen CDU-Kreisverband nicht erneut als Direktkandidat für den Wahlkreis im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen aufgestellt worden war, entschied sich Kauder der Jüngere, als Unabhängiger gegen den stattdessen nominierten Oberbürgermeister von Donaueschingen, Thorsten Frei, anzutreten. Nun gehört es allerdings zu den demokratischen Grundgesetzen, dass eben nicht zwei Personen mit gleichem Parteibuch in der Tasche in einem Wahlkreis um ein Mandat kämpfen, weshalb Volker Kauder der Ältere nun ein Parteiausschlussverfahren gegen seinen Bruder Siegfried fordert. Daran führe »unabhängig von Familienzugehörigkeiten« kein Weg vorbei, sagte Volker Kauder der Saarbrücker Zeitung. Der Jüngere keilte in der »Bunten« zurück, ein Ausschlussverfahren gegen ihn würde der »CDU mehr als mir« schaden.

Ein Bruderzwist, der die Kauders entzweit. Dabei verliefen die brüderlichen Lebenswege lange auf ähnlichen Bahnen, wenngleich Siegfried stets in Volkers Schatten stand. Beide traten mit 17 Jahren der Jungen Union bei und studierten Rechtswissenschaften. Während der Ältere bereits 1990 in den Bundestag einzog und heute Unionsfraktionschef ist, schlug sich Siegfried bis zur Wahl 2002 ausschließlich in den Niederungen der Lokalpolitik als Vorsitzender des CDU-Verbandes im Schwarzwald-Baar-Kreis herum. Dort wird er infolge eines Kleinkriegs inzwischen nicht mehr gern gesehen. Auf die Unterstützung seines großen Bruders kann Siegfried nicht mehr zählen. Robert D. Meyer