Sommerloch

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Bundespräsident hat das Sommerloch in einer feierlichen Zeremonie für eröffnet erklärt. Daraufhin wurde das Wetter strahlend sonnig und sommerlich warm, was nach dem langen Winter und dem kurzen Frühling zu Besorgnis und Schrecken in der Bevölkerung führte. Bis die Kanzlerin klarstellte, es gäbe überhaupt keinen Grund, von den hohen Temperaturen irgendetwas zu wissen, und Innenminister Friedrich ins kühlere Washington D.C. beorderte, wo man ihn gar nicht erwartet hatte, weil man mit der Auswertung seiner Flugdaten noch nicht so weit war.

Bei dieser Reise handelte es sich um eine typische Sommerlochaktion. Traditionell bewerben sich parlamentarische Hinterbänkler bei den Medien um Aufmerksamkeit, indem sie abstruse Forderungen stellen, zum Beispiel die Aufnahme Mallorcas in die Bundesrepublik, der Schweiz in die EU oder die von sich selbst in den nächsten Bundestag. Oder eben die Forderung an die US-Regierung nach Offenlegung der geheimen Daten. Minister Friedrich wurde persönlich in den Raum geführt, in dem der Drucker steht, der alles ausdruckt. Danach wurden die Seiten abgetippt - Kopieren ging nicht wegen des Risikos des elektronischen Ausspionierens - und Friedrich ausgehändigt. Der soll nun sehen, wie er damit Terroranschläge verhindert.

Um Kritik wegen Missachtung der Bürgerrechte zu verhindern, wurde zeitgleich ein Überwachungsvideo lanciert, das einen in Unterwelt- und Politikerkreisen bekannten Rapper zeigt, wie er zum Ausleben von Gewaltfantasien unter anderem gegen Claudia Roth und Klaus Wowereit aufstachelt. Das Video wurde mehrere hunderttausend Mal angeklickt, damit sind die Bürger zu einem Teil des Überwachungsapparates geworden und können sich nun nicht mehr beschweren.

Dem mündigen Mediennutzer fällt auf, dass in dieser Nachrichtenlage Peter Altmeier völlig verschwunden ist. Viele könnten schwören, dass er eben noch da war und in Talksendungen als Umweltminister vorgestellt wurde. Aber dorthin wurde er nur entsandt auf Geheiß von Angela Merkel, die erreichen wollte, dass man denkt, das ist Peer Steinbrück, und genervt wegschaltet.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal